19 "gefährliche Orte" in Chemnitz: So will die Polizei die Kriminalität eindämmen

Chemnitz - Vor vier Jahren gab es einen Aufschrei, als das sächsische Innenministerium nach einer kleinen Anfrage eine Liste mit 61 "gefährlichen Orten" veröffentlichte. Gefürchtet wurden "No-Go-Areas" in Sachsen. Doch was macht die Polizei hier? Und wie wirkt sich das auf die derzeit 19 "gefährlichen Orte" in Chemnitz aus?

Kirstin Ilga (42) ist Polizeisprecherin des sächsischen Innenministeriums.
Kirstin Ilga (42) ist Polizeisprecherin des sächsischen Innenministeriums.  © Philipp Thomas/Polizei Sachsen

"Durch die Einstufung besteht die Möglichkeit, unabhängig von einem gegen bestimmte Personen gerichteten Verdacht an Rückzugsorten der Kriminalität oder Orten, an denen zum Beispiel mit Drogen gehandelt wird, einschlägiges Klientel aus der Anonymität zu reißen", erklärt Kirstin Ilga (42), Polizeisprecherin des Innenministeriums.

Das heißt: Das sächsische Polizeivollzugsdienstgesetz (Paragraf 15, Absatz 1, Punkt 2) ermöglicht einfachere Personenkontrollen in Brennpunkten.

In Chemnitz befinden sich die meisten - neun von 19 - im Zentrum, gefolgt vom Sonnenberg mit fünf. Ilga: "Kriminalitätsschwerpunkte sind vorwiegend Diebstahlshandlungen, Körperverletzungsdelikte, Raubstraftaten und Betäubungsmitteldelikte."

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Als "gefährliche Orte" zählen auch die Schlossteichinsel, zwei Asylbewerberunterkünfte, Bereiche im "Heckert" (Umfeld Paul-Bertz-Straße 14a und Dr.-Salvador-Allende-Straße 180) sowie der Konkordiapark.

Hier wurde am Donnerstagabend Kunstsammlungen-Chef Frédéric Bußmann (47) von jugendlichen Naziparolen-Schreiern zusammengeschlagen.

Auch vermehrte Diebstähle - hier ein Einbruch auf der Hainstraße (Sonnenberg) - machen verschärfte Polizeikontrollen notwendig.
Auch vermehrte Diebstähle - hier ein Einbruch auf der Hainstraße (Sonnenberg) - machen verschärfte Polizeikontrollen notwendig.  © Härtelpress
Polizei-Großaufgebot an der Zentralhaltestelle. Hoffentlich ein Bild aus vergangenen Tagen, die Beamten vermeldeten Innenstadt-Erfolge.
Polizei-Großaufgebot an der Zentralhaltestelle. Hoffentlich ein Bild aus vergangenen Tagen, die Beamten vermeldeten Innenstadt-Erfolge.  © Härtelpress

Wegen Corona ging die Kriminalität sogar leicht zurück

Polizisten bei einer Kontrolle im Stadthallenpark. Dessen Zuordnung als "gefährlicher Ort" sorgte für einen Kriminalitätsrückgang.
Polizisten bei einer Kontrolle im Stadthallenpark. Dessen Zuordnung als "gefährlicher Ort" sorgte für einen Kriminalitätsrückgang.  © Uwe Meinhold

Die Polizei vermeldet jedoch Erfolge, wie im Zentrum. "Es gibt hier konkrete Ergebnisse und gewollte Effekte der Zurückdrängung von Formen offener Drogenanbieterszenen wie im Stadthallenpark", schildert die Polizeisprecherin. Auch Raubdelikte wurden weniger. Problem: Die Kriminellen weichen aus.

"Dass auch Verdrängungseffekte eintreten, ist hinzunehmen. Kontrollen wirken dabei auch der Verfestigung von Szenen entgegen", so Ilga weiter. Neue "gefährliche Orte" musste die Polizei längerfristig nicht festlegen. Auch, weil wegen Corona die Kriminalität leicht zurückging.

Zur Wahrnehmung der "gefährlichen Orte" als "No-Go-Areas" hat die Innenministeriums-Polizeisprecherin eine klare Aussage: "Eine 'No-Go-Area' würde entstehen, wenn an kriminalitätsbelasteten Orten gerade nicht durch gesteigerte polizeiliche Kontrollen und andere Maßnahmen entgegengewirkt wird."

Polizei und Zoll bei einer Großrazzia Anfang Februar auf dem Sonnenberg. Dieser ist Schwerpunkt Nr. 2 der "gefährlichen Orte" in Chemnitz.
Polizei und Zoll bei einer Großrazzia Anfang Februar auf dem Sonnenberg. Dieser ist Schwerpunkt Nr. 2 der "gefährlichen Orte" in Chemnitz.  © Härtelpress
Die verstärkten Polizeikontrollen dienen auch zur Eindämmung der Drogenkriminalität.
Die verstärkten Polizeikontrollen dienen auch zur Eindämmung der Drogenkriminalität.  © 123RF/Lev Dolgachov
Raub und Körperverletzungen sind nur einige der Kriminalitätsschwerpunkte an den "gefährlichen Orten".
Raub und Körperverletzungen sind nur einige der Kriminalitätsschwerpunkte an den "gefährlichen Orten".  © Westend61/imago stock&people

Ilga sieht auch Kommunen (wie durch Ordnungsämter) und Gewerbetreibende (zum Beispiel mit Ladendetektiven) in der Pflicht.

Titelfoto: Härtelpress/Uwe Meinhold

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