20. Todestag vom Nischel-Schöpfer: Er bescherte Chemnitz das Karl-Marx-Monument
Chemnitz - Am heutigen Montag vor genau 20 Jahren starb Lew Kerbel.
Der sowjetische Bildhauer hat Chemnitz den monumentalen Marx-Kopf beschert, den Nischel. Einer seiner DDR-Kollegen damals war Volker Beier. Der heute 80-Jährige schuf mit anderen die Schrifttafeln im Hintergrund.
Es sprudelt nur so heraus aus Beier. Klar kann er sich an die Schaffung des Wahrzeichens und an Kerbel erinnern. Der Großbildhauer habe ihn zwar nicht sonderlich leiden können. Aber das auch nur, weil Beier damals, 1969, einige Monate als Meisterschüler bei Kerbels Widersacher Nikolai Wassiljewitsch Tomski (1900-1984) studiert hatte.
Fair und kollegial sei Kerbel trotzdem gewesen. Von ihm sei zum Beispiel der Tipp für die Fassade und den Knick hinterm Marx-Kopf gekommen, damit die Büste nicht so frei im Raum schwebt.
Originalteile der Arbeit an der Marx-Schrifttafel werden 2024 ausgestellt
Beier und der Schriftgestalter Heinz Schumann waren zeitgleich mit der Schaffung der überdimensionalen Texttafel hinterm Nischel beschäftigt, die die Proletarier aller Länder zur Einheit aufruft. "Dafür haben wir 56 Entwürfe erarbeitet", erinnert sich Beier.
400 Quadratmeter groß wurde ihr Werk schließlich, im Maßstab 1:1 getestet auf der einstigen Probebühne des Theaters im Marmorpalast.
Beier ist noch immer aktiv. In Jahnsdorf modelliert er gerade seinen 1996 geschaffenen, aber inzwischen geklauten Lauchhammer-Brunnen neu. Demnächst folgt der Guss. Originalteile der Arbeit an der Marx-Schrifttafel sind hinterm Nischel eingelagert und sollen 2024 ausgestellt werden.
Auch Lew Kerbel war zeit seines Lebens gefragt. Bereits kurz nach Kriegsende erhielt er mit Wladimir Zigal den Auftrag für das Ehrenmal auf den Seelower Höhen (Einweihung November 1945). Sein Moskauer Marx-Kopf wurde 1961 fertig. Für die DDR schuf er auch das Thälmann-Monument an der Greifswalder Straße in Ost-Berlin (Einweihung April 1986). Unser "Nischel" wurde 1971 enthüllt.
Karl Marx selbst hat Chemnitz übrigens nie besucht.
Titelfoto: Ralph Kunz