Das Buchstaben-Rätsel der alten Chemnitzer Wanderer-Werke ist nun entschlüsselt
Chemnitz - Ein Buchstaben-Rätsel der Chemnitzer Industriegeschichte wurde gelöst!
An einer Klinkerwand auf dem Gelände der ehemaligen Wanderer-Werke in Siegmar prangen sonderbare Buchstabenkombinationen, aufwendig aus Putz modelliert - "ND" in Blau-Lila, blassrosa "ER" und "ND" in Ziegelrot.
Die Entschlüsselung gelang Spediteur Ingo Weise (43), der sich 2019 mit seinen 120 Mitarbeitern auf dem geschichtsträchtigen Areal an der Jagdschänkenstraße niedergelassen hat, als er sich auf eigene Wurzeln besann: "Ich habe mal Maurer gelernt und erkannt, dass es sich um Putzproben handelt", erzählt der Unternehmer.
"Irgendwann bin ich darauf gekommen, dass es die gleichen Buchstaben sind, die an der Fassade des repräsentativen Kopfgebäudes angebracht waren. Die Wand des Kohlekraftwerks hatten die Mauer genutzt, um vorher die Wirkung in verschiedenen Farben zu testen."
Die Spuren des Schriftzugs "WANDERER-WERKE A.-G." am denkmalgeschützten Bau sind noch sichtbar. Ingo Weise überprüfte seine Theorie: "Wir haben eine Hebebühne aufgestellt und nachgemessen. Es sind exakt die gleichen Buchstaben."
Auch für welche Farbe sich die Bauherren entschieden, scheint mittlerweile klar: "Der Wanderer-Schriftzug war in DDR-Zeiten entfernt worden. Das Baujahr dagegen war noch lange sichtbar. Ein altes Foto zeigt 1928 in Blau-Lila." Ingo Weise informierte die Denkmalschutzbehörde, die den überraschenden Fund dokumentierte.
Auch der Experte für sächsische Automobil-Geschichte, Frieder Bach (80), eilte herbei und freute sich: "Das ist wieder ein Puzzle-Teil in der Geschichte der Wanderer-Werke, das entdeckt wurde."
Autos am Fließband
Das Fahrzeugwerk in Siegmar erweiterte ab 1927 die Autoproduktion von Wanderer. Die Fabrik war für moderne Fließbandarbeit konzipiert, die eine Fertigung von 25 Fahrzeugen täglich ermöglichte.
Im Zweiten Weltkrieg wurden hier Panzermotoren gebaut. In der DDR nutzte die Wismut den Gebäudekomplex als Zentralwerkstatt. Seit 2019 hat die Spedition Ingo Weise hier ihren Firmensitz.
Bis 2024/25 soll ein Logistikpark mit Übernachtungsplätzen für 75 Lkw entstehen.
Titelfoto: Montage: Detlev Müller