Er entwarf den Nischel-Schriftzug: Volker Beiers Söhne öffnen ihr Familienalbum
Chemnitz - Der Nischel, wie der Karl-Marx-Kopf von Chemnitzern liebevoll genannt wird, gilt als Wahrzeichen der Stadt. Hinter ihm prangen Schrifttafeln mit der Botschaft "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch". An deren Entwurf beteiligt war der Chemnitzer Bildhauer und Künstler Volker Beier. Wenige Wochen nach seinem Tod gewähren seine Söhne bislang ungeahnte Einblicke in das Fotoalbum des berühmten Sachsen.

Sven Beier (54) war gerade einmal zwei Jahre alt, als der Karl-Marx-Kopf am 9. Oktober 1971 eingeweiht wurde. Sein Bruder Lutz (51) war noch gar nicht auf der Welt. Trotzdem sind sie unglaublich stolz auf ihren Vater. "Der Karl-Marx-Kopf gilt als Alleinstellungsmerkmal und ist ein Treffpunkt für die Besucher in Chemnitz", findet Lutz.
Gemeinsam mit dem im Jahr 2020 verstorbenen Schriftgestalter Heinz Schumann arbeitete Beier zweieinhalb Jahre an den Schriftplatten. "Unser Vater hat stets betont, dass sie das Projekt zusammen gemacht haben", sagt Sven.
Bewusst war dem Chemnitzer damals nicht, dass er ein Stück Stadtgeschichte schaffte: "Wir waren so verankert durch das Büro für architekturbezogene Kunst, und die haben das sehr gut geleitet und gelenkt", erinnert sich der Künstler in einem Interview zum 50-jährigen Jubiläum.
Beier und Schumann haben sich gut miteinander verstanden. Überhaupt galt Volker Beier als herzlicher, offener und bescheidener Mensch. "Unser Vater hat sich immer für schwächere Menschen eingesetzt", beschreibt ihn Lutz. "Seine künstlerische Entwicklung war ihm wichtig."


Bildhauer Beier war auch im Ausland bekannt

Auch über Chemnitz hinaus entwarf der Bildhauer Werke. Die Carlowitz-Stele an der Burg Rabenstein oder die Thälmann-Plastik in der Stadthalle Magdeburg sind nur einige seiner vielen Arbeiten.
Volker Beier beteiligte sich an Ausstellungen in Wien, Moskau sowie Paris und hatte selber auch eigene Ausstellungen, beispielsweise in Berlin, Porta Westfalica sowie Potsdam.
Das Privatleben kam dennoch nie zu kurz: Sven und Lutz Beier erinnern sich an gemeinsame Wochenendausflüge mit der Familie. Auch im Atelier ihres Vaters waren sie oft. "Unser Vater hatte ein gutes und erfülltes Leben", resümieren die beiden.


Der Bildhauer aus Chemnitz

Volker Beier wurde am 25. April 1943 in Chemnitz geboren. Von 1957 bis 1960 absolvierte er seine Lehre als Steinmetz und Bildhauer. Anschließend studierte Beier bis 1963 an der Fachschule für Angewandte Kunst in Leipzig.
Von 1963 bis 1966 arbeitete er als Abteilungsleiter in der PGH Bauhütte Chemnitz. Ab 1967 war Beier freischaffend tätig. Dabei wirkte er am Entwurf der Schriftplatten des Nischels mit und fertigte viele weitere Werke, wie zum Beispiel den Gedenkstein für die im Jahre 1938 zerstörte Synagoge am Stephanplatz, das Denkmal für die aus Chemnitz deportierten Juden im Hof des Böttcher-Baus der TU Chemnitz und die Hans-Beimler-Stele am Gablenz Center, an.
Volker Beier war verheiratet und hatte zwei Söhne. Zuletzt lebte er in Leukersdorf. Er verstarb am 29. November 2023.
Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt, Privat: Archiv Beier