Filmreife Erfolgsstory: Chemnitzer Festivaldirektor schaut auf 30 Jahre Filmfestival zurück

Chemnitz - Das Filmfestival Schlingel gehört in Chemnitz zum Inventar - und strahlt dabei so weit wie kaum eine andere Institution der Stadt: als Kulturereignis, Aushängeschild, Bühne für die Jüngsten.

Festivaldirektor Michael Harbauer (55) freut sich auf die Jubiläumsausgabe des Schlingel-Filmfestivals.  © Kristin Schmidt

Aktuell sucht das Filmfest nach den schönsten Leinwandgeschichten für die Jubiläumsausgabe im Oktober. Dabei hätte sich vor 30 Jahren niemand träumen lassen, wie ein improvisiertes Kinowochenende für Kinder zum größten internationalen Kinderfilmfest Deutschlands heranwächst.

Die filmreife Erfolgsstory von Schlingel beginnt mit einem Ende. Anfang der 1990er-Jahre machten in Chemnitz immer mehr Kinos dicht. Als nur noch das Metropol übrig war, grauste es den Kinofan und heutigen Festivaldirektor Michael Harbauer (55): "Als Kind bin ich jeden Samstag ins Kino gegangen. Ich wollte, dass auch den Kindern künftiger Generationen diese ganz eigene Welt erhalten bleibt."

Harbauer machte sich mit Mitstreitern der Chemnitzer Filmwerkstatt auf den Weg zur Küchwaldbühne, deren Wiedererweckung noch in weiter Ferne lag, und barg dort ungenutzte Filmvorführgeräte. "Das war unsere Technik für das erste Schlingelfestival 1996 im Haus Einheit. Wir hatten ein Budget von 4000 Mark und zeigten eine bunte Mischung: Puppentrickfilme der DEFA, aber auch schon internationale Kinderfilme."

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Was sich hinter den Kulissen abspielte, bekamen die 700 Besucher nicht mit. Weil im Saal an beiden Vorabenden Konzerte von Nena und "Die Ärzte" stattfanden, wurde das Filmfest zur logistischen Herausforderung: "Wir haben ab nachts um 2 Uhr die Räume geputzt, umgeräumt und früh 10 Uhr die Kinder begrüßt. Und am nächsten Tag noch einmal", erinnert sich Harbauer.

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Vom Saalputz zur Weltbühne - Schlingel macht Chemnitz international sichtbar

2006 begrüßte Michael Harbauer mit "Schlingel" Max Scheffler und Sylvia Zimmermann das Kinopublikum im Luxor-Filmpalast.  © Sven Gleisberg
Auf den Leinwänden des CineStar im Roten Turm flimmern die Filme des Festivals seit 2011.  © Filmfestival Schlingel
Preisgekrönte Schlingel-Filme werden regelmäßig beim Filmfestival Kineko in Tokio vorgestellt.  © Filmfestival Schlingel

Mittlerweile ist aus dem Mini-Filmfest weit mehr als ein einwöchiges Festival mit Tausenden Zuschauern geworden. Seit zehn Jahren reist Harbauer als Chemnitzer Botschafter zu internationalen Filmfestivals, trägt den Namen als Kino-Stadt in die Welt, begleitete die Ministerpräsidenten Tillich und Kretschmer auf Auslandsreisen: "Schlingel sorgt dafür, dass Filme, die beim Festival gut ankamen, rund um den Globus touren. Die meisten Preisträgerfilme können jetzt synchronisiert und damit kinotauglich werden", so der Festivaldirektor.

Schlingel ist mit rund 20 internationalen Filmfestivals vernetzt, stellt Filme, die in Chemnitz gezeigt wurden, in Neu-Delhi, Chile, Japan oder Kanada vor. Harbauer: "Filme helfen beim Verstehen anderer Kulturen. In Taschkent werden beispielsweise deutschsprachige Filme für den Deutschunterricht genutzt."

Getragen wird Schlingel vom Verein Sächsischer Kinder- und Jugendfilmdienst, der ein 14-köpfiges Team beschäftigt, das zur Festivalzeit von fast doppelt so vielen freiwilligen Helfern unterstützt wird.

Kleine Anfänge, große Entwicklung

Schlingel bringt internationale Gäste nach Chemnitz: 2011 die Hauptdarsteller und Produzenten eines indischen Kinderfilms.  © Sven Gleisberg

Die Wurzeln des Filmfestes liegen im Verein Kraftwerk, zu dessen Gründern Michael Harbauer 1991 zählte. Unter seinem Dach wurden für den Landesfilmdienst in Schulen und Kitas Bildungsfilme gezeigt.

1996 fand das erste zweitägige Filmfest unter dem Namen Schlingel statt. 1998 zog das Festival in den neuen Filmpalast Luxor. 2001 bewertete erstmals eine internationale Kinderjury die Filme.

2007 baute der Verein eine ehemalige Kita in der Neefestraße 99 zum Kinderfilmhaus aus, in dem beispielsweise Ferienkino läuft.

2024 kamen rund 25.000 Besucher zum Festival, das unter anderem von der Stadt Chemnitz, der Mitteldeutschen Medienförderung, dem Goethe-Institut sowie dem sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wird.

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