Lee Guttman zeichnete für Walt Disney: Einst floh sie vor den Nazis, jetzt ist ihre Kunst in Chemnitz zu sehen

Chemnitz/Los Angeles - Der Lebensweg führte Lee Guttman (1925-2015) von Chemnitz nach Hollywood.

Die Zirkusparade hing im Kinderzimmer von Caroline Guttman (63). Sie wählte es mit gut 50 anderen Bildern ihrer Mutter Lee Guttman für die Ausstellung in Chemnitz aus.
Die Zirkusparade hing im Kinderzimmer von Caroline Guttman (63). Sie wählte es mit gut 50 anderen Bildern ihrer Mutter Lee Guttman für die Ausstellung in Chemnitz aus.  © Kristin Schmidt

Die Sächsin arbeitete als eine der ersten Frauen als Zeichnerin in den Disney-Studios. Ab Donnerstag wird ihre Kunst erstmals in ihrer alten Heimat gezeigt. Die Ausstellung ist im Rahmen der Tage der Jüdischen Kultur in der Galerie Weise, Innere Klosterstraße 11, bis 30. Juni zu sehen.

Tochter Caroline Guttman (62) reiste mit gut 50 Bildern aus Los Angeles an: "Meine Mutter träumte davon, ihre Zeichnungen eines Tages hier auszustellen. Das Zusammentreffen ihres hundertsten Geburtstages mit dem Kulturhauptstadtjahr ist ein schöner Anlass."

Ihren Lebenstraum hatte Lee schon als Sechsjährige entdeckt, als sie im Metropolkino den ersten Micky-Maus-Film sah. "Sie war fasziniert von den Bewegungen der Figuren und wollte fortan Zeichnerin bei Disney werden."

Chemnitz: Waghalsige Extrem-Sport-Show: Freestyle-Weltmeister rast durch die Chemnitzer Messe
Chemnitz Kultur & Leute Waghalsige Extrem-Sport-Show: Freestyle-Weltmeister rast durch die Chemnitzer Messe

Die einzige Tochter einer wohlhabenden jüdischen Familie wuchs auf dem Kaßberg auf. Der Vater leitete das Peretz-Strumpfwerk. Die behütete Kindheit endete abrupt, als Lee mit neun Jahren erlebte, wie ein SA-Trupp den angesehenen Fabrikdirektor zusammenschlug.

1936 schickten die Eltern sie zu Verwandten nach Bukarest, flohen selbst drei Jahre später vor den Nazis.

Galerist Bernd Weise (68, l.) hängt mit einem Helfer die Zeichnungen in der Galerie in der Inneren Klosterstraße auf.
Galerist Bernd Weise (68, l.) hängt mit einem Helfer die Zeichnungen in der Galerie in der Inneren Klosterstraße auf.  © Kristin Schmidt

Trotz Trauma kehrte sie zurück nach Deutschland

Lee Guttman wurde 1925 als Lee Leder in Chemnitz geboren. Während des Zweiten Weltkriegs diente sie bei der Royal Air Force.
Lee Guttman wurde 1925 als Lee Leder in Chemnitz geboren. Während des Zweiten Weltkriegs diente sie bei der Royal Air Force.  © Repro: Kristin Schmidt

Ihre Karriereträume erfüllte sich Lee als junge Frau mit Hartnäckigkeit: "Sie klopfte immer wieder bei den Hollywood-Studios an. Es dauerte über ein Jahr, bis sie erst bei Warner, später bei Disney zeichnen durfte", so Caroline Guttman.

Trotz des Traumas der Vertreibung wollte Lee Guttman ihre Heimat wiedersehen. Mutter und Tochter besuchten Chemnitz mehrfach gemeinsam.

"Sie zeigte mir ihre Schule, das Wohnhaus in der Agricolastraße. Wir trafen viele herzliche Menschen", so die Tochter.

Chemnitz: Chemnitz: Das ist im Karl-Schmidt-Rottluff-Haus nach der Sanierung geplant
Chemnitz Kultur & Leute Chemnitz: Das ist im Karl-Schmidt-Rottluff-Haus nach der Sanierung geplant

"Zu sehen, dass an dem Ort, von dem meine Mutter grausam vertrieben wurde, jetzt Kinder unbeschwert spielen, war berührend."

Titelfoto: Kristin Schmidt, Repro: Kristin Schmidt

Mehr zum Thema Chemnitz Kultur & Leute: