Bahnstrecke Chemnitz - Leipzig: War der Abschied von den DDR-Zügen ein Fehler?

Chemnitz - Die Zugstrecke Chemnitz - Leipzig ist wohl die chaotischste in ganz Sachsen: Ausfälle, Verspätungen und überfüllte Züge sorgten in den vergangenen Monaten regelmäßig für Fahrgast-Frust. Grund dafür sind vor allem die Doppelstockzüge, die seit Ende 2024 unterwegs sind. Sie lösten die restaurierten DDR-Züge ab. Viele Fahrgäste stellen sich nun die Frage: Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die alten Bahnen einfach weiterfahren zu lassen?

Großer Andrang, wenig Platz: In den aktuellen Doppelstockzügen stehen nur 223 Sitzplätze zur Verfügung. Laut Verkehrsvertrag müssten es aber etwa 300 sein.
Großer Andrang, wenig Platz: In den aktuellen Doppelstockzügen stehen nur 223 Sitzplätze zur Verfügung. Laut Verkehrsvertrag müssten es aber etwa 300 sein.  © Sven Gleisberg

Die alten Reichsbahn-Waggons hatten zwar keinen barrierefreien Einstieg und keine Klimatisierung, dennoch war auf die Uralt-Züge mehr Verlass als auf die neuen Bahnen. Warum wurden sie also vom Netz genommen?

Dazu muss man wissen: Ursprünglich sollten bereits im Dezember 2023 die alten DDR-Züge durch hochmoderne Akku-Bahnen ersetzt werden. Doch es gab ein großes Problem - der Hersteller "Alstom" konnte nicht liefern.

Daher setzte sich der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) mit der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) zusammen, die den RE 6 auf dieser Strecke betreibt.

"Ein Übergangskonzept musste her", erklärt VMS-Sprecher Falk Ester und führt aus: "Es bot sich die Chance, die nicht barrierefreien, unklimatisierten und, ich möchte daran erinnern, im Zentrum von Kritik, Häme, Spott und regelrechten Shitstürmen befindlichen DDR-Reisezugwagen durch modernere Technik zu ersetzen."

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Also entschied man sich für die aktuellen Doppelstockzüge, die mit einer Diesel-Lok gezogen werden. "Dass deren Einsatz aktuell leider keine Verbesserung darstellt, war in dieser Form nicht vorhersehbar und ist höchst bedauerlich", so der VMS-Sprecher.

Immer wieder streikt die Technik. Da im Waggon hinter der Lok über Diesel-Gerüche geklagt wurde, sperrte die MRB den Wagen ab - seitdem ist der RE 6 nur mit zwei Waggons oder teilweise nur mit einem unterwegs. Das sorgte immer wieder für überfüllte Bahnen.

VMS-Sprecher Falk Ester weiß, weshalb die alten DDR-Züge vom Netz genommen wurden.
VMS-Sprecher Falk Ester weiß, weshalb die alten DDR-Züge vom Netz genommen wurden.  © Kristin Schmidt

Wurden die DDR-Züge zu früh aufs Abstellgleis geschoben?

Die alten DDR-Züge fuhren jahrelang zwischen Chemnitz und Leipzig. Seit Ende 2024 kamen sie aufs Abstellgleis.
Die alten DDR-Züge fuhren jahrelang zwischen Chemnitz und Leipzig. Seit Ende 2024 kamen sie aufs Abstellgleis.  © Jan Woitas/dpa

Wäre es aus heutiger Sicht nicht besser gewesen, die DDR-Züge einfach bis zum Schluss fahren zu lassen, also bis die Akku-Züge tatsächlich geliefert werden können? "Nein", sagt Ester. "Die Wagen waren durch, sie waren nicht mehr zeitgemäß - zumal auch die Kulturhauptstadt vor der Tür stand."

Zudem nahmen die Beschwerden von Rollstuhlfahrerin und Rentnern zu, da die DDR-Züge nicht barrierefrei waren. Fahrgäste klagten darüber hinaus über fehlende Klimatisierung und Anwohner fühlten sich durch die lauten Bremsen genervt.

Der VMS-Sprecher sagt aber auch: "Hätten wir von den kommenden Problemen gewusst, wären andere Lösungen geprüft worden." Dennoch will der Verkehrsverbund nun nach vorn schauen - die Doppelstockzüge sind nun im Einsatz.

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Daher wird der RE 6 aktuell durch Direktbusse verstärkt. Diese fahren im 30-Minuten-Takt von Chemnitz nach Leipzig und zurück. Der VMS bittet die Fahrgäste, die Busse auch zu nutzen.

Wer ohne Fahrrad oder Kinderwagen unterwegs ist, sollte auf diese Alternative umsteigen, um die Hauptstrecke zu entlasten. Die Busse sind nur etwa 20 Minuten länger unterwegs.

Die alten Reichsbahn-Waggons waren nicht barrierefrei - ein Problem für Rentner und Rollstuhlfahrer.
Die alten Reichsbahn-Waggons waren nicht barrierefrei - ein Problem für Rentner und Rollstuhlfahrer.  © Sven Gleisberg

Immerhin: Die Akku-Züge sollen voraussichtlich Ende des Jahres geliefert werden - dann wäre zumindest das Doppelstock-Zug-Chaos Geschichte.

Titelfoto: Sven Gleisberg

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