Chemnitz' letzter Korbmacher-Meister denkt noch nicht ans Aufhören
Chemnitz - Seit 70 Jahren arbeitet Günter Jahn (85) als Korbmacher, seit sechs Jahrzehnten als Meister seines Fachs. Im Oktober erhält der Chemnitzer, der mittlerweile zu den letzten fünf Korbmachern in ganz Sachsen gehört, seinen Diamantenen Meisterbrief.

Es war 1955, als der damals 15-Jährige mit seiner Mutter an einem Geschäft in der Moritzstraße vorbeiging. "Im Schaufenster der Korbmacherwerkstatt Rauschelbach waren Kinderwagen, Körbe und Möbelstücke ausgestellt, die mir gut gefallen haben", erinnert sich Jahn, der wenig später als Lehrling in der Firma anfing.
"Damals hatte noch jeder Haushalt einen geflochtenen Wäschekorb. Es war ein Hochzeitsgeschenk, das ein Leben lang gehalten hat."
Im Laufe seines Berufslebens stattete Günter Jahn nicht nur private Haushalte mit seinen Flechtarbeiten aus: "Chemnitzer Hof, Ratskeller, Stadthalle und Opernhaus zählten zu meinen Kunden. Für das Hotel Moskau habe ich Lampenschirme angefertigt, die wie die berühmten Zwiebeltürme aussahen - der größte hatte 1,50 Meter Durchmesser. Das Hotel Kongress bestellte jedes Jahr neue Papierkörbe. Anscheinend haben Gäste sie mitgehen lassen", sagt Jahn schmunzelnd.
Die Kunstfertigkeit des alten Meisters ist heute vor allem bei Besitzern alter Möbelstücke gefragt: "Ich habe hier Stühle von einer Frau aus München, die ich repariere. Sie war in Chemnitz zu Besuch und hat meine Werkstatt zufällig gefunden."



Korbmacher-Meister denkt nicht ans Aufhören

Den sprichwörtlichen goldenen Boden hat das Korbmacher-Handwerk nicht. "Ich sitze vier Stunden an einem Korb, den ich dann für 52 Euro verkaufe. Mit billiger Importware aus Indonesien oder China kann ich nicht konkurrieren."
In seinem Geschäft in der Georgstraße macht sich Günter Jahn dennoch jeden Wochentag ab 9 Uhr an die Arbeit.
"So sieben oder acht Stunden jeden Tag. Nachmittags kommt dann meine Frau Renate und hilft mit. Es macht mir Spaß. Warum sollte ich aufhören?"
Titelfoto: Bildmontage: Ralph Kunz (2)