Feuerwehr besorgt: Wird Hochwasserschutz zur Gefahr für die Chemnitzer Innenstadt?
Chemnitz - Höhere Schutzmauern, neue Brücken ohne stauanfällige Mittelpfeiler - an der Würschnitz investiert die Landestalsperrenverwaltung (LTV) seit 2018 Millionenbeträge in den Hochwasserschutz. Doch der Ausbau wirft neue Probleme auf.
Im Katastrophenfall muss Wasser, das sich auf der Straße staut, über die Ufermauern in den Fluss gepumpt werden. Und: Wenn die Würschnitz nicht mehr so schnell über die Ufer tritt, fließt mehr Wasser in Richtung Chemnitzer Innenstadt.
Feuerwehr-Chef René Kraus (49) weiß, dass im Chemnitzer Süden jede Minute zählt: "Die Pegel von Würschnitz und Zwönitz steigen bei Starkregen sehr schnell, sehr stark an. Das geht innerhalb von 30 bis 45 Minuten."
Unter diesem Zeitdruck sollte die Feuerwehr quasi nebenbei auch noch 34 mobile Riesenpumpen aus einem zentralen Lager neben dem Flussbett in Stellung bringen - so wollten es ursprünglich die Pläne der LTV. Die Chemnitzer intervenierten.
Das überarbeitete Konzept sieht nun 18 Pumpen vor, die in der Nähe der Einsatzorte in Garagen gelagert werden. "Bei einem Einsatz wird die Berufsfeuerwehr die Pumpen aufbauen. Den Betrieb sichern freiwillige Katastrophenschützer ab", so Kraus.
"Was passiert, wenn Zwönitz und Würschnitz eines Tages gleichzeitig Hochwasser führen?"
Der verbesserte Flutschutz in Harthau und Klaffenbach hat auch für das Zentrum eine Kehrseite: "Es ist ein Stück weit unsere Befürchtung, dass die Innenstadt künftig schneller von Hochwasser betroffen sein könnte", so der Feuerwehr-Chef.
"Wie sich der bauliche Hochwasserschutz an der Würschnitz konkret auswirkt, da fehlen noch die Erfahrungswerte, aber wenn das Wasser in Richtung Innenstadt fließt, wird es dort nicht weg sein."
Stadträtin Ines Saborowski (55, CDU) fürchtet ein weiteres Szenario, das sie jüngst auf einer Informationsveranstaltung zum Hochwasserschutz mit Vertretern der Stadt, der LTV und Bürgerinitiativen zur Sprache brachte:
"Was passiert, wenn Zwönitz und Würschnitz eines Tages gleichzeitig Hochwasser führen? Die Auswirkungen der neuen Schutzmaßnahmen und eines möglichen Zusammentreffens von Hochwasser in beiden Flüssen sollten unbedingt noch einmal durchgerechnet werden. Denn nichts ist so unplanbar wie das Wetter."
Titelfoto: Wolfgang Schmidt