Lehrer bangen um Zukunft an Musikschule Chemnitz

Chemnitz - Die Grundsatz-Entscheidung hat Konsequenzen auch für Chemnitz: Mit dem "Herrenberg-Urteil" des Bundessozialgerichts sind die Honorarverträge von Musikschullehrern nicht mehr rechtssicher und können nicht verlängert werden. Lehrer und Schüler der Musikschule bangen nun um die Zukunft.

Lehrer und Schüler der Musikschule Chemnitz bangen um die Zukunft.
Lehrer und Schüler der Musikschule Chemnitz bangen um die Zukunft.  © Uwe Meinhold

Nicht nur Existenzen stehen auf dem Spiel, sondern auch die Leidenschaft vieler Kinder: "Ich möchte mein Instrument gern weiterhin lernen. Es macht mir sehr viel Freude", sagt Jakob (11).

"Immer wenn ich in der Musikschule bin, fühle ich mich auch zu Hause, weil es ein Ort ist, den ich schon fast mein ganzes Leben kenne und an dem ich sehr hänge. Ich habe dort viele Freunde. Ohne Lehrer würde das alles nicht mehr existieren, und das würde ich sehr traurig finden."

Genau wie Jakob lernt auch Niklas (12) seit drei Jahren Oboe: "Ohne Lehrer wäre ich aufgeschmissen und könnte mein Instrument nicht mehr spielen. Das wäre ultraschade."

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Zusammen mit Theodor (11) bilden die Jungs ein Oboen-Trio, das auch schon erfolgreich an Wettbewerben teilgenommen hat.

Niklas (12, v. l.), Theodor (11) und Jakob (11) hoffen, weiterhin miteinander musizieren zu können.
Niklas (12, v. l.), Theodor (11) und Jakob (11) hoffen, weiterhin miteinander musizieren zu können.  © Maik Börner

Zukunft ungewiss: Lehrer-Verträge enden mit dem Schuljahr

Ilka Stöß (50) unterrichtet Oboe und Blockflöte auf Honorarbasis.
Ilka Stöß (50) unterrichtet Oboe und Blockflöte auf Honorarbasis.  © Maik Börner

Unterrichtet werden sie von Ilka Stöß (50). Sie ist seit vielen Jahren Blockflöten- und Oboenlehrerin auf Honorarbasis an der Musikschule Chemnitz.

"Es war vor vielen Jahren schon mal Thema, ob diese Rechtsform so überhaupt möglich ist. Das verlief dann aber im Sande - jetzt hatten wir mit diesem Urteil nicht mehr gerechnet", so Stöß.

Betroffen seien in Chemnitz 39 Lehrkräfte, die mehr als zehn Honorarstunden pro Woche haben. "Unsere Verträge enden mit dem Schuljahr. Wenn wir dieses Jahr aufs neue Schuljahr warten, wissen wir nicht, wie es für uns ausgehen wird. Zwischen einer Festanstellung und Arbeitslosigkeit ist alles drin."

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Übrigens: In einer Petition werden nun Unterschriften für die Festanstellung der Honorarkräfte gesammelt.

Chemnitzer Stadträte fordern Festanstellung

Dieter Füsslein (83, FDP) hat vier andere Fraktionen überzeugt: Die Musikschullehrer brauchen eine angemessene Entlohnung durch eine Festanstellung.
Dieter Füsslein (83, FDP) hat vier andere Fraktionen überzeugt: Die Musikschullehrer brauchen eine angemessene Entlohnung durch eine Festanstellung.  © Kristin Schmidt

Die Zukunft der städtischen Musikschullehrer steht im nächsten Stadtrat auf der Tagesordnung. Fraktionsübergreifend wollen Politiker von FDP, CDU, Linken, Grünen und SPD, dass die Stadt betroffenen Honorar-Pädagogen eine Festanstellung anbietet.

"Unsere Musikschule ist ein Diamant, ein Kleinod", sagt FDP-Fraktions-Chef Dieter Füsslein (83), der die Initiative auf die Beine gestellt hatte. "Einmal pro Woche hole ich meine Enkelin dort ab. Ich möchte, dass die Lehrer dort ordentlich nach Tarif entlohnt werden."

Noch deutlicher wird Grünen-Fraktionsvize Volkmar Zschocke (55): "Ich halte den jahrelangen Umgang mit der Städtischen Musikschule für verantwortungslos. Seit 2009 streiten wir im Stadtrat erfolglos darum, dass die auf Honorarbasis beschäftigten Musiklehrerinnen und Musiklehrer das Angebot einer Festanstellung erhalten."

Die Stadtverwaltung habe jahrelang Gehaltskosten eingespart und mehrere Ratsbeschlüsse nicht umgesetzt.

Susanne Schaper (46, Linke) befürchtet andernfalls, dass die Stadt mehr als 1000 Musikschülern kündigen müsse, "weil wir das Lehrpersonal nicht mehr haben". Per Ratsvotum am 15. Mai sollen Lehrer, die zehn Wochenstunden Unterricht oder mehr geben, eine reguläre Stelle bekommen.

Das Rathaus will derzeit keine Stellung beziehen. Man sei in Gesprächen mit der Musikschule, den betroffenen Dozenten und den Stadträten, um "das Thema zeitnah und einvernehmlich zu klären".

Titelfoto: Uwe Meinhold, Maik Börner

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