Nach Femizid in Chemnitz: Welche Rolle spielt die Herkunft des Täters?

Chemnitz - "Femizide sind keine Frage der Herkunft" - so stand es auf einem Plakat, das anlässlich der jüngsten Tat in Chemnitz gezeigt wurde. Die Botschaft ist klar: Gewalt gegen Frauen gibt es überall, unabhängig von Nationalität oder sozialem Hintergrund. Das ist richtig - und wichtig, um keine falschen Schuldzuweisungen zu schüren. Dennoch lohnt sich ein genauerer Blick. TAG24 fragte dazu die Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Chemnitz, Franziska Herold.

Schreckliche Szenen vor einem Wohnblock in der Chemnitzer Innenstadt: Eine Frau (38) wurde mutmaßlich von ihrem afghanischen Ehemann (38) tödlich verletzt.
Schreckliche Szenen vor einem Wohnblock in der Chemnitzer Innenstadt: Eine Frau (38) wurde mutmaßlich von ihrem afghanischen Ehemann (38) tödlich verletzt.  © Chempic

Tatsächlich lohnt sich ein Blick in die offiziellen Statistiken. Im BKA-Bundeslagebild wird deutlich: Femizide nehmen deutschlandweit zu. Im Jahr 2019 wurden insgesamt 747 Fälle gezählt, 2023 waren es bereits 853 - extrem beunruhigend.

Brisant: 68,2 Prozent der Tatverdächtigen waren Deutsche – 31,8 Prozent nichtdeutscher Herkunft. Zum Vergleich: Der Ausländeranteil an der Bevölkerung liegt bei nur 14,5 Prozent.

Spielt die Herkunft der Täter also doch eine größere Rolle? Franziska Herold ordnet die Zahlen ein: "Im Bundeslagebild 'Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023' wird gesagt, dass 'die überwiegende Zahl der Opfer und Tatverdächtigen deutscher Staatsangehörigkeit' ist. Nichtdeutsche Tatverdächtige machen einen Anteil aus, der höher ist als ihr Bevölkerungsanteil, wenn man nur auf Staatsangehörigkeit schaut."

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Und weiter: "Es wird allerdings auch betont, dass Herkunft allein nicht erklärt, warum jemand eine Straftat begeht. Die Statistik zeigt, dass Herkunft relevant sein kann - und zwar nicht, weil sie ursächlich ist, sondern als Indikator für andere risikoträchtige Bedingungen: sozioökonomisch schlechtere Lebensverhältnisse, geringere Integration, in manchen Fällen fehlender Zugang zu Schutzmechanismen."

Diese Sätze waren auf der Trauerveranstaltung in Chemnitz zu lesen.
Diese Sätze waren auf der Trauerveranstaltung in Chemnitz zu lesen.  © Chempic
Franziska Herold, Gleichstellungsbeauftragte von Chemnitz, zündete auf der Trauerveranstaltung zusammen mit Baubürgermeister Thomas Kütter eine Kerze an.
Franziska Herold, Gleichstellungsbeauftragte von Chemnitz, zündete auf der Trauerveranstaltung zusammen mit Baubürgermeister Thomas Kütter eine Kerze an.  © Chempic

Was tut Chemnitz für Frauen, die Gewalt in der Ehe erleben?

Frauen, die Gewalt in der Partnerschaft erleben, können sich in Chemnitz bei verschiedenen Vereinen Hilfe holen.
Frauen, die Gewalt in der Partnerschaft erleben, können sich in Chemnitz bei verschiedenen Vereinen Hilfe holen.  © Helmut Fricke/dpa

Es sei wichtig, so Herold, dass Politik und Gesellschaft diese Probleme angehen - unter anderem durch bessere Integration, Sprachangebote, Beratungen und Präventionsprogramme.

"In der Stadt Chemnitz existieren für von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen aber auch Kindern und Männern verschiedene Unterstützungsangebote", sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Chemnitz.

Opfer von häuslicher Gewalt können sich an Vereine wie Frauenhilfe Chemnitz e.V., Wildwasser e.V., und die Opferhilfe Sachsen wenden.

"Auch in Richtung Täterarbeit wird in Chemnitz Beratung und Prävention angeboten. Zu nennen ist hier die Täterberatung der Caritas mit der Beratungsstelle Handschlag", sagt Herold.

Titelfoto: Bildmontage: Chempic (2)

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