SPD für Chemnitzer Ampelfiguren: Beim Roten Turm stehen, beim Nischel gehen?
Chemnitz - Chemnitz hat einen Riesen-Kopf aus Bronze, einen Roten Turm, Basketball-Heldengeschichten - aber an der Ampel leuchtet noch immer das Standard-Männchen. Kommen bald eigene Ampelfiguren, die zur Stadt passen? Die SPD will im nächsten Stadtrat einen Vorstoß machen.
"Ich habe das in einigen Städten schon gesehen und war total begeistert", meint Stadtrat Detlef Müller (61).
"Wenn man da Symbole an der Ampel sieht, ist das einfach was Schönes." Sein Antrag will erst einmal nur prüfen lassen, ob und wie das in Chemnitz überhaupt möglich ist - ein Testballon, aber einer mit Signalwirkung.
Bei den Motiven sprudeln die Gedanken längst. Müller spricht vom Roten Turm, von einem Basketballer, der bei Grün losdribbelt, von Sport- und Stadthelden. "Die Top-Idee wäre natürlich der Nischel".
Gleichzeitig weiß er, wie streng in Sachsen die Regeln sind: Ampeln sind kein Werbebanner, sondern Verkehrssignal. "Deswegen muss man einen Startschuss geben und dann gemeinsam mit der Verwaltung Lösungen finden, die auch verkehrsrechtlich funktionieren."
Sonderfiguren sind nur in engen Grenzen erlaubt
Im Chemnitzer Rathaus sind die Ressourcen knapp
Genau an dieser Stelle wird es kompliziert - und sehr sächsisch. Baubürgermeister Thomas Kütter (49, parteilos) erinnert daran, dass Sonderfiguren nur in engen Grenzen erlaubt sind und dass am Ende das Land mitreden muss.
Vor allem aber verweist er auf knappe Ressourcen im Rathaus: "Im Verkehrs- und Tiefbauamt ist der Prüfauftrag nicht leistbar, da weder hinreichende personelle Ressourcen noch finanzielle Mittel hierfür zur Verfügung stehen", heißt es dort. Mit anderen Worten: Gute Idee, aber bitte nicht wir.
Müller lässt das nicht gelten. Für ihn klingt die Stellungnahme wie ein typischer Behördenreflex. "Das ist so eine richtig 'schöne' Verwaltungsstellungnahme - anderthalb Seiten, warum es eigentlich nicht gehen kann", sagt er.
Sein Ansatz: erst mal schauen, was rechtlich überhaupt möglich ist, dann auch die Chemnitzer ins Boot holen, Ideen sammeln, vielleicht online abstimmen lassen - und am Ende die verkehrsrechtliche Prüfung obendrauf setzen. "Wer will, findet auch Lösungen", sagt er.
Etwas mehr Mut, bitte!
Kommentar von Raik Bartnik
Chemnitz diskutiert darüber, ob der Nischel oder ein Basketballer an der Ampel leuchten darf - und man fragt sich, warum wir uns das eigentlich so schwermachen.
Andere Städte sind längst weiter: In Bonn geht Beethoven über die Straße, in Bremen die Stadtmusikanten, in Plauen "Vater und Sohn". Chemnitz müsste das Rad nicht neu erfinden, sondern nur den Mut haben, die eigene Geschichte an die Kreuzung zu stellen.
Am Ende ist es doch genau das, was dieser Stadt guttut: ein bisschen Selbstironie, ein bisschen Stolz, ein bisschen "Das sind wir". Genau solche Bilder bleiben bei Besuchern hängen, nicht die nächste Hochglanz-Broschüre.
Klar, die Idee hätte im Kulturhauptstadtjahr perfekt gepasst. Ein sichtbares, dauerhaftes Projekt, das bleibt, wenn die Bühnen abgebaut sind. Aber lieber spät als nie - solange man es nicht wieder zu Tode prüft, bis niemand mehr Lust darauf hat.
Und genau da liegt das Problem. Aus dem Rathaus kommt mal wieder vor allem eins: bremsen, seitenlange Stellungnahmen darüber, was alles schwierig ist, welche Paragrafen dagegen sprechen, welche Stellen überlastet sind. Anstatt zu sagen: Spannende Idee, wir gucken jetzt mal kreativ, wie wir das hinbekommen, und machen daraus ein kleines Leuchtturmprojekt.
Ein Sprichwort passt auf diese Debatte wie die Faust aufs Auge: Wer etwas will, findet Wege - wer nicht, findet Gründe.
Titelfoto: Bildmontage: Ralph Kunz, Uwe Meinhold

