Streit mit Stadt: Scheitert die Rettung eines wertvollen Chemnitzer Denkmals?

Chemnitz - Die Rettung eines wertvollen Chemnitzer Denkmals droht trotz reichlich vorhandener Fördermittel zu scheitern, weil sich Besitzer und Bauamt streiten.

Material liegt bereit, aber seit Februar darf an dem Denkmal nicht weitergebaut werden.
Material liegt bereit, aber seit Februar darf an dem Denkmal nicht weitergebaut werden.  © Maik Börner

Das Kunstfestival IBUG hatte 2017 Tausende Besucher in die Lerchenstraße gelockt, wo seit Jahrzehnten die einstige "Spezialmaschinenfabrik" und ein denkmalgeschütztes Bahnwagenwerk vor sich hin gammelten. 2020 kaufte der Schweizer Unternehmer Klaus Marte (55) das Areal mit dem Ziel, die Gebäude zu retten.

Vom Denkmalschutz wird der Lokschuppen als "national wertvolles und besonders hochwertiges Kulturdenkmal mit Seltenheitswert" eingeordnet.

Freistaat und Bund förderten den baulichen Erhalt mit stattlichen 810.000 Euro und erteilten eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für Sicherungsmaßnahmen.

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Klaus Marte ging ans Werk, beauftragte Firmen, ließ marode Balken und Latten originalgetreu austauschen. "Die Baubehörde war von Anfang an in die Sanierung einbezogen und informiert", so der Eigentümer.

"Als die ersten beiden Hallenschiffe fertig waren, tauchte Ende Januar plötzlich ein Mitarbeiter des Bauamtes auf und verhängte einen sofortigen Baustopp. 15 Monate nach Beginn der Arbeiten. Im schriftlichen Bescheid heißt es, dass ich zur Instandsetzung des Daches die Holzbalken nicht in größerer Menge austauschen darf."

Ein Zebra kündet auf dem Gelände der benachbarten Spezialmaschinenfabrik noch vom Kunstfestival IBUG.
Ein Zebra kündet auf dem Gelände der benachbarten Spezialmaschinenfabrik noch vom Kunstfestival IBUG.  © Maik Börner

Schweizer Unternehmer Klaus Marte findet Anordnung absurd

Investor Klaus Marte (55) ließ im alten Bahnwagenwerk verrottete Dachbalken durch neue ersetzen und bekam deshalb Ärger mit der Baubehörde.
Investor Klaus Marte (55) ließ im alten Bahnwagenwerk verrottete Dachbalken durch neue ersetzen und bekam deshalb Ärger mit der Baubehörde.  © Maik Börner

Klaus Marte soll nun einen Bauantrag stellen oder den Nachweis eines Sachverständigen erbringen, dass es keine statischen Veränderungen gab.

"Es handelt sich hier nicht mehr um Instandhaltungsarbeiten", begründet ein Stadtsprecher die Verfügung auf TAG24-Anfrage. "Die Ausreichung von Fördermitteln entbindet den Eigentümer nicht von der Einholung erforderlicher Genehmigungen."

Dieser findet die Anordnung absurd: "Bei Sturm fliegen backblechgroße Bitumenfladen auf den Gehweg. Das ist gefährlich. Außerdem läuft mir die Zeit davon. Ende des Jahres verfallen die Fördermittel."

Nur Verlierer

Kommentar von Mandy Schneider

An wie vielen Orten verfallen in Chemnitz wertvolle Denkmale? Mir fallen innerhalb weniger Minuten ein Dutzend ein.

Gründe gibt es viele. Weil Eigentümer sich nicht kümmern, eher an der Spekulation mit der Immobilie als deren Erhaltung interessiert sind, es keine Fördermittel gibt und/oder kein sinnvolles Nutzungskonzept, mit dem sich diese aus irgendeinem Topf beschaffen ließen ...

Da mutet die vermeintliche Rettung des alten Bahnwagenwerks in letzter Sekunde wie eine willkommene Fügung an. Eigentlich. Denn nun haben sich Eigentümer und Bauamt in eine Auseinandersetzung manövriert, bei der alles auf dem Spiel steht.

Gibt es keine Einigung, verfallen die Fördermittel und bald auch die noch nicht reparierten Teile der Halle - vielleicht schon mit dem nächsten Herbststurm. Das darf doch nicht wahr sein, dass hier kein Aufeinander-Zugehen möglich sein soll.

So lächerlich dieser Streit anmutet, hier gibt es keinen lachenden Dritten, sondern nur Verlierer: den Eigentümer, die Anwohner, die Stadt, den Denkmalschutz.

Titelfoto: Maik Börner

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