Wohnträume in Chemnitz: Neue Hoffnung für die Altchemnitzer Prachtbauten

Chemnitz - Ohne Nutzen kaum Chance auf Überleben: Für die historischen Prachtbauten im Bereich der Altchemnitzer Straße in Chemnitz tickt die Uhr. Leerstand und mit ihm der Vandalismus betreffen nicht nur den ehemaligen Verwaltungssitz der Textil-AG der jüdischen Gebrüder Sussmann (Baujahre 1923/1924).

Der ehemalige Verwaltungssitz der Textil-AG der jüdischen Brüder Sussmann (Baujahre 1923/1924) ist dringend sanierungsbedürftig.
Der ehemalige Verwaltungssitz der Textil-AG der jüdischen Brüder Sussmann (Baujahre 1923/1924) ist dringend sanierungsbedürftig.  © Uwe Meinhold

Die Lage ist hier besonders prekär: "Von außen ist das Gebäude mit Graffiti besprüht. Noch schlimmer ist der Zustand im Inneren. Alles ist zerschlagen. Das sieht schon ziemlich schlimm aus", berichtet der langjährige Leiter der Denkmalschutzbehörde, Thomas Morgenstern (67). Offene Fenster ließen den Regen in das Objekt. Schimmel- und sogar Pilzschwammbildung seien nicht auszuschließen.

Eine Einschätzung, die das Rathaus teilt: "Der Bauzustand des Objektes ist augenscheinlich angegriffen. Das Gebäude ist unzureichend gesichert", so eine Stadtsprecherin.

Der Eigentümer sei mehrfach zur Sicherung des Objektes aufgefordert worden, zeige sich aber unkooperativ. Auch TAG24 blieb er eine Antwort schuldig.

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Herrscht kein Interesse an den Altchemnitzer Kulturdenkmälern, zu denen auch die ehemalige Höhere Fachschule für Wirk- und Stricktechnik (Elsasser Straße 45), das Fabrikgebäude in der Bruno-Salzer-Straße 20 und das Verwaltungsgebäude in der Altchemnitzer Straße 46 gehören?

Es gibt noch Chancen für die Chemnitzer Prachtbauten

Wunderschön, doch unbewohnt: der Prachtbau in der Altchemnitzer Straße 46.
Wunderschön, doch unbewohnt: der Prachtbau in der Altchemnitzer Straße 46.  © Uwe Meinhold

Doch: "In den vergangenen Jahren gab es einige Anfragen von Kaufinteressenten für die Gebäude Altchemnitzer Straße 40 und 46", so die Sprecherin der Stadt weiter.

Denkmalexperte Thomas Morgenstern berichtet, dass Vorhaben jedoch am örtlichen Flächennutzungsplan gescheitert seien.

Bisher ist das Areal nämlich als Gewerbegebiet kategorisiert. "Obwohl dort schon seit etlicher Zeit kaum Gewerbe mehr stattfindet", so Morgenstern.

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Investoren seien bisher vor allem an einer Wohnnutzung interessiert gewesen. Nun könnte es doch ein Happy End für die Denkmalgebäude von Altchemnitz geben: Der Stadtrat beschloss in seiner Sitzung am Mittwoch, das Gewerbe- in ein Mischgebiet umzuwidmen.

Nun fehlt es nur noch an Kaufinteressenten. Dann hätten stadtprägende Prachtbauten wie der Sitz der ehemaligen Gebrüder Sussmann AG doch noch eine Chance aufs Überleben.

Denkmalexperte Thomas Morgenstern (67) thematisierte Prachtbauten der 1920er als Co-Autor in dem Buch "Moderne ohne Bauhaus".
Denkmalexperte Thomas Morgenstern (67) thematisierte Prachtbauten der 1920er als Co-Autor in dem Buch "Moderne ohne Bauhaus".  © Kristin Schmidt

Das Schicksal der Brüder Sussmann

Stolpersteine gegen das Vergessen: Die Sussmanns erlitten schwere Schicksale während der NS-Zeit.
Stolpersteine gegen das Vergessen: Die Sussmanns erlitten schwere Schicksale während der NS-Zeit.  © wikipedia

Ein Haus mit bewegender Geschichte: Der Fünfgeschosser in der Altchemnitzer Straße 40 war Verwaltungsdomizil der florierenden Strumpffabrik der jüdischen Brüder Hugo und Arthur Sussmann.

Der langgestreckte Baukörper mit leichter Wölbung und Flachdach (Baujahre 1923/1924) blieb nicht lange in ihrem Besitz. In der NS-Zeit sanken die Umsätze, Personal musste entlassen werden. Die Brüder wurden schließlich von den Nazis gezwungen, das Objekt zu verkaufen.

Während Arthur Sussmann Deutschland verließ, blieb Bruder Hugo. Mitarbeiter der Auto-Union AG zeigten ihn an, weil er angeblich gegen die Bestimmungen für Juden zur Benutzung von Verkehrsmitteln verstoßen hatte.

Er wurde nach Auschwitz deportiert und 1944 ermordet.

Titelfoto: Uwe Meinhold

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