Zwei Millionen Kulturhauptstadt-Besucher erwartet: Wie will Chemnitz das verkraften?

Chemnitz - Zwei Millionen Besucher erwartet die Stadt Chemnitz zur Kulturhauptstadt 2025. Das wären durchschnittlich 5500 Gäste am Tag oder 38.400 die Woche. Wie sollen alle, die nach und durch Chemnitz kommen, hier essen, schlafen und sich nachts vergnügen? TAG24 fragte Experten.

Übernachtungen

DEHOGA-Hauptgeschäftsführer Axel Klein (53) ist optimistisch: "Falls die Chemnitzer Betten nicht reichen, haben wir ein touristisch erschlossenes Umland. Es wird ein Jahr der Chancen für die Region. Das Thema muss geplant werden."

Nichanan Absmeier vom "Housekeeping Service" im Biendo-Hotel bereitet ein Bett vor.
Nichanan Absmeier vom "Housekeeping Service" im Biendo-Hotel bereitet ein Bett vor.  © Kristin Schmidt
Die Stadt Chemnitz erwartet zwei Millionen Besucher in der Kulturhauptstadt, 5500 pro Tag.
Die Stadt Chemnitz erwartet zwei Millionen Besucher in der Kulturhauptstadt, 5500 pro Tag.  © Kristin Schmidt

Essen und Trinken

DEHOGA-Chef Axel Klein sieht genügend Restaurants in der Region. "Dazu werden Pop-up-Angebote kommen, die die Spitzen abdecken. Außerdem will nicht jeder Gast ins Sterne-Restaurant." Die Stadt: "Chemnitz, Kulturregion und der gesamte Freistaat verstehen sich als Gastgeber."

Die Gastronomie soll den Besucheransturm stemmen. Josi Leppelt (22), Barchefin im Restaurant Tillmanns, steht bereit.
Die Gastronomie soll den Besucheransturm stemmen. Josi Leppelt (22), Barchefin im Restaurant Tillmanns, steht bereit.  © Kristin Schmidt
DEHOGA-Hauptgeschäftsführer Axel Klein (53) ist optimistisch.
DEHOGA-Hauptgeschäftsführer Axel Klein (53) ist optimistisch.  © Uwe Meinhold

Erotisches Nachtleben

"Ab Mitternacht könnte es eng werden, wenn auch Pärchen in die Nachtclubs gehen", ahnt Thorsten K., Geschäftsführer des "Club Luna". "Die Clubs werden das stemmen. Auch die Prostituierten sind in Chemnitz gut aufgestellt. Es werden 2025 andere Frauen dazukommen, die sonst in Leipzig oder München arbeiten."

Nachtbars wie der Chemnitzer "Club Luna" hoffen 2025 auf weibliche Verstärkung.
Nachtbars wie der Chemnitzer "Club Luna" hoffen 2025 auf weibliche Verstärkung.  © Haertelpress

Taxis

Örtliche Unternehmer sehen schwarz für die Kulturhauptstadt. "Eigentlich bräuchten wir 300 zusätzliche Fahrer, damit es klappt", sagt Sven Spinka (55). Trotzdem freue er sich auf das Großereignis. Kollege Holger Jobst (57) befürchtet wegen der Fahrer-Knappheit "ein Taxi-Chaos 2025".

Die Stadt ist entspannt: "Die Koordinierung zur Kulturhauptstadt wird Kapazitäten ermitteln, Konzepte erarbeiten." Dazu gehörten VMS-Angebote, Parkplatz- und Baustellenmanagement.

Freut sich trotz Fahrermangels auf die Kulturhauptstadt: Taxi-Unternehmer Sven Spinka (55).
Freut sich trotz Fahrermangels auf die Kulturhauptstadt: Taxi-Unternehmer Sven Spinka (55).  © Maik Börner

Bahnverbindungen

SPD-Bahnexperte Detlef Müller (58) setzt auf mehr Bahnverbindungen. "Der IC 17 von Warnemünde und Berlin wird mehr Züge einsetzen, die Verbindung nach Leipzig wird dank Akkuzügen besser."

Einen Ausbau des Flughafens Jahnsdorf sieht Müller nicht als notwendig an: "Chemnitz schafft die Kulturhauptstadt." Die Stadt fügt "die gute Erreichbarkeit der Stadt aus Richtung Berlin und Prag" hinzu.

Viele Chemnitz-Besucher werden 2025 mit der Bahn kommen.
Viele Chemnitz-Besucher werden 2025 mit der Bahn kommen.  © Maik Börner
SPD-Bahnexperte Detlef Müller (58) setzt auf leistungsfähige Verbindungen.
SPD-Bahnexperte Detlef Müller (58) setzt auf leistungsfähige Verbindungen.  © Ralph Kunz

Die Zeit rennt

Kommentar von Bernd Rippert

Ein frohes neues Jahr wünsche ich allen Chemnitzern. Ich finde, solch ein Neuanfang ist immer ein Grund zur Freude. Aber dieser Jahreswechsel hat auch einen Nachteil: Jetzt sind es exakt nur noch zwei Jahre bis zur Eröffnung der Kulturhauptstadt 2025.

Viele Beobachter beschleichen gemischte Gefühle bei diesem Thema. Kulturschaffende sind vielfach unzufrieden mit ihrer Einbindung in das Geschehen. Ihre Kritik richtet sich gegen ortsfremde Planer, die mit der örtlichen Szene nicht vertraut sind.

Zudem ist die Rolle des Bidbooks offenbar nicht eindeutig definiert. Einerseits gilt es als unumstößliches Kursbuch für die Kulturhauptstadt. Andererseits wird das Werk nicht ernst genommen, wenn es um konkrete Details wie die Apfelbaumparade durch die Stadt geht.

Auch bei der Infrastruktur scheint mir Chemnitz nicht optimal vorbereitet zu sein. Es fehlt massiv an Taxifahrern, es fehlt an Köchen in den Restaurants, es fehlt an Hotelbetten in der Stadt.

Natürlich lassen sich viele Probleme lösen. Aber es sind nur noch zwei Jahre bis zum Beginn. Höchste Zeit, alle Probleme zu definieren und anzupacken. Die Zeit rennt.

Titelfoto: Kristin Schmidt, Maik Börner

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