AfD-Entscheidung verändert Machtverhältnisse deutlich: Großes Stühlerücken im Chemnitzer Stadtrat

Chemnitz - Die Zusammensetzung des Chemnitzer Stadtrats hat sich deutlich verändert. Nachdem die Verwaltung am Dienstag eine zweite, neu gegründete AfD-Fraktion für nicht zulässig erklärt hatte, stellen plötzlich fraktionslose Stadträte die zweitgrößte Gruppe in dem Gremium. Welche Folgen das hat, ist ungewiss.

Die Stadträte Tino Fritzsche (64, CDU), Enrico Hilbert (BSW), Maik Otto (48, SPD) und Volkmar Zschocke (56, Grüne) äußern sich zur Polit-Affäre rund um die AfD.  © Bildmontage: Kristin Schmidt (3), Uwe Meinhold

Die Fraktionsgemeinschaft von CDU und FDP hält einen Stadtrat mit zwölf fraktionslosen AfD-Stadträten für "lebensfremd". Fraktions-Chef Tino Fritzsche (64, CDU): "Damit wären beschließende Ausschüsse, in denen nur Vertreter der Fraktionen sitzen, nicht mehr repräsentativ. Jede kleine Entscheidung würde direkt im Stadtrat landen. Das ist nicht zumutbar."

Auch das BSW sieht die Nicht-Anerkennung der zweiten AfD-Fraktion skeptisch. Stadtrat Enrico Hilbert: "Es ist eher Chaos und weiterer Rechtsstreit zu befürchten. Beides wird der ehrenamtlichen Arbeit des Gremiums nicht guttun."

SPD-Stadtrat Maik Otto (48) kommentiert die Verwaltungsentscheidung als "logisch und nachvollziehbar". Er sagt: "Sonst könnte sich theoretisch auch jede andere Fraktion einfach spalten und die Fraktionsfinanzierung doppelt kassieren." Aber: "Gelöst ist das Problem damit nicht."

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Volkmar Zschocke (56, Grüne) sieht hinter der AfD-Spaltung egoistische Motive: "Mehr Geld, Ausschussplätze und Redezeit. Um Zusammenarbeit und Lösungen geht es jedenfalls nicht."

Die zwölf AfD-ler ohne Fraktionsstatus trafen sich am Mittwochabend zu einer Krisensitzung. Vorher sagte Stadtrat Volker Dringenberg (53): "Juristische Schritte sind das letzte Mittel. Ich möchte stattdessen zeitnah mit dem Oberbürgermeister ins Gespräch kommen, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen."

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Der Stadtrat soll nächsten Mittwoch erstmals wieder tagen.  © Kristin Schmidt

Fraktionslose AfD-Stadträte müssen ihre Büros räumen

Wer ist hinter welcher Tür zu finden? Die Verteilung der Büros im Rathaus ändert sich.  © Uwe Meinhold

Die gespaltene AfD hat im Rathaus zu einer Neuverteilung der Räume geführt. So ist die auf drei Mitglieder geschrumpfte AfD-Stadtratsfraktion um Nico Köhler (48) aus den alten AfD-Büros ausgezogen und hat sich in einem ehemaligen Besprechungsraum, Zimmer 106, eingerichtet.

Auch für die AfD-Stadträte um Volker Dringenberg (53) heißt es bald Kisten packen.

Mit dem Verlust des Fraktionsstatus ging der Anspruch auf die drei bisher genutzten Büros verloren. Für gemeinsame Sitzungen im Rathaus erhalten die fraktionslosen Stadträte künftig einen Beratungsraum.

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"Es entfällt der Anspruch einer Fraktions-E-Mail-Adresse und -Telefonnummer", so eine Stadtsprecherin. "Der Anspruch auf Fraktionsfinanzierung ist zum 31. Juli erloschen."

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