Hier ist es in Chemnitz am lautesten: Was tut die Stadt dagegen?
Chemnitz - Chemnitz will den Lärm weiter runterdrehen. Noch vor der politischen Sommerpause soll der Stadtrat den sogenannten Lärmaktionsplan Stufe 4 beschließen. Der vom Umweltamt alle fünf Jahre aktualisierte Plan listet die lautesten Ecken auf und formuliert Gegenmaßnahmen.

"Hauptlärmquelle ist der Straßenverkehr", erklärt Carina Kühnel (62), Leiterin des Chemnitzer Umweltamtes. Besonders gravierend: Zschopauer Straße, innerer Stadtring oder Teile der Zwickauer Straße. "Dort ist der Verkehrslärm besonders hoch und trifft direkt auf Wohngebiete."
In den vergangenen Jahren habe sich aber auch viel getan, vor allem durch Tempo-30-Zonen.
Im Vergleich zu anderen Städten fällt Chemnitz weder besonders negativ noch besonders positiv auf. "Wir sind keine besonders laute Stadt, sondern eher im Mittelfeld. Aber wir wollen trotzdem besser werden."
Mit Blick auf die Bürgerbeteiligung ergänzt die Amtsleiterin: "Wir wollen, dass die Menschen gehört werden. Schließlich wissen sie am besten, wo der Lärm am meisten stört."

Bei der Finanzierung bleibt die Stadt vage

32 Stellungnahmen von Chemnitzern sind in den Plan eingeflossen. Die neue Stufe sieht mehrere Maßnahmen vor: Noch mehr Flüsterasphalt - bereits auf dem Südring, der Ritterstraße und der Frankenberger Straße verlegt - soll den Verkehrslärm weiter deutlich reduzieren.
Zusätzlich wird der Zustand der Straßen ein wichtiges Kriterium für künftige Sanierungsprioritäten, da kaputte Fahrbahnen oft zusätzlichen Lärm verursachen.
Auch Schallschutzwände an besonders betroffenen Abschnitten werden geprüft. In Wohngebieten sind weitere Tempo-30-Zonen das "Mittel der Wahl".
Und die Finanzierung? Da bleibt die Stadt in ihrer Vorlage vage: Die Umsetzung soll "im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel" erfolgen. "Leidig ist das Thema nicht, aber eine Herausforderung", sagt Carina Kühnel. "Wir teilen uns das Budget sinnvoll ein."
Die Geschichte des Lärmaktionsplans reicht zurück bis ins Jahr 2007. Damals hatte die EU Städte und Landkreise verpflichtet, regelmäßig den Umgebungslärm zu erfassen und gegenzusteuern.
Viel Lärm um Lärm
Kommentar von Raik Bartnik

Alle fünf Jahre muss Chemnitz im Kampf gegen den Lärm liefern - neue Lärmkarten, neue Analyse, neue Maßnahmen. Die EU schreibt's vor. Und die Stadt hält sich dran.
Mit der nun vorliegenden Stufe 4 des Lärmaktionsplans wurde erneut dokumentiert, wo es in Chemnitz besonders laut ist: von der Zschopauer Straße über den Stadtring bis zur Ritterstraße. Gut zu wissen. Wer Lärm messen will, muss ihn sichtbar machen.
Doch welche Gegenmaßnahmen werden tatsächlich umgesetzt? Das bleibt im Dunkeln. Und das hat einen simplen Grund: das liebe Geld. Zwar verspricht die Stadt, Flüsterasphalt auszuweiten, neue Tempo-30-Zonen zu prüfen und auch Straßenzustände stärker in die Sanierungsplanung einzubeziehen.
Aber in der Vorlage heißt es: "im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel". Ein Satz wie ein Dämpfer. Was das in Zeiten leerer Kassen, Haushaltssperren und verschobener Investitionen bedeutet, kann sich jeder ausmalen.
Klar ist: Der Lärmaktionsplan ist ein Pflichtprogramm. Er muss geschrieben, beschlossen und ausgelegt werden. Aber wie viel davon Realität wird, entscheidet nicht die Umweltpolitik, sondern die Haushaltslage. Bleibt er damit ein zahnloser Tiger?
Titelfoto: Bildmontage: Karte: Stadtverwaltung Chemnitz/Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen und -systeme (IVAS), Sven Gleisberg