Knöllchen-Falle über Nacht: Autofahrern in Chemnitz droht böses Erwachen
Chemnitz - Es gibt schon wieder Ärger um die Chemnitzer Parkordnung: Weil Bewohner und Besucher keine Parkscheine über Nacht ziehen dürfen, droht Langschläfern am nächsten Morgen ein Knöllchen.

Um ein Dauerparken zu verhindern, hat die Stadt die Höchstparkdauer auf einen Kalendertag festgelegt. "Eine Vorauszahlung in den nächsten Tag ist nicht vorgesehen", erklärte eine Sprecherin auf TAG24-Nachfrage.
Das gilt allerdings nur für die aktuell 162 Parkscheinautomaten. Denn wer sein Ticket mit einer App selbst erstellt, kann abends nach Ende der Parkzeit am Handy für den Folgetag vorbuchen. In Dresden ist dies auch am Automaten möglich.
Die Chemnitzer Praxis stößt Tino Eckhold (48) vom Biendo-Hotel bitter auf: "Hotelgäste beschweren sich öfter über Knöllchen. Mir fehlt das Grundverständnis, dass Kunden keinen Parkschein über Nacht ziehen und bezahlen dürfen."
Das Argument Dauerparker zieht für ihn nicht: "Das könnte man mit einem Stundenlimit unterbinden."
Auch Falk Grober (45) vom Hotel c/o 56 auf dem Schloßberg kennt das Problem: "Im Sinne der Gäste und Anwohner ist dies nicht, auch wenn die Salzstraße aktuell noch nicht in der Parkraumbewirtschaftung ist." Manager Ingo Viertel (52) ergänzt: "Das ist keine freundliche Regelung. Außerdem müssen Nutzer von Automaten und von Apps gleichbehandelt werden."
Das sieht FDP-Stadtrat Jens Kieselstein (42) genauso: "Hotelgäste oder private Besucher kann man nicht zwingen, frühmorgens zum Parkscheinautomaten zu hetzen." Er will das Thema in der Fraktion besprechen - "und bei Einigkeit einen Änderungsantrag für den Stadtrat stellen".



Ganz normal
Kommentar von Bernd Rippert

In vielen Städten ist es Usus, und die Apps können es sowieso: das Vorbuchen eines kostenpflichtigen Parkplatzes für den nächsten Morgen - ganz normal. Außer in Chemnitz.
In Chemnitz ist manches anders als anderswo. Hier gibt es Knöllchen für Zweiräder außerhalb der Parkordnung, hier sind normale Innenstadtstraßen breiter als Autobahnen, hier werden lebensgefährliche Löcher im Asphalt erst gestopft, wenn sie auch einen SUV gefährden. Und hier werden Löcher zugebaut, um nebenan neue zu schaffen.
Die Verwaltung führt in Chemnitz offenbar gern ein Eigenleben. Hier sind sogar die Toiletten im Rathaus für Bürger gesperrt. Zu den sonderbaren Verwaltungspossen zählt auch die Parkschein-Regelung.
Zustimmung, dass Dauerparker aus dem Zentrum rausmüssen. Aber das erreicht man nicht mit einer gäste- und bürgerunfreundlichen Nachtsperre, sondern viel besser mit einem Stundenlimit am Automaten.
Titelfoto: Ralph Kunz