Politik direkt nach Hause: Drei Chemnitzer Stadträte verweigern aber Livestream-Zustimmung
Chemnitz - Chemnitz streamt seit neun Jahren alle Stadtratssitzungen. Wer wissen will, wie sich die Räte zoffen, muss nicht mehr auf die Zuschauertribüne. Auf chemnitz.de läuft jede Sitzung live - mit deutlich besserer Akustik als im Saal.

Fast alle der 59 Stadträte machen mit. Fast. Aber nicht alle Abgeordneten wollen im Netz zu sehen sein. Das Rathaus bestätigt: "Aktuell haben drei Mitglieder der Übertragung im Livestream nicht zugestimmt. Das Ausblenden erfolgt auf Wunsch der Betroffenen und auf Grundlage der Persönlichkeitsrechte."
Einer von ihnen: Enrico Hilbert (BSW). Der Ratsneuling (seit einem Jahr dabei) hält die Risiken für zu groß. "Sprache und Bild können durch KI manipuliert werden. Davor will ich mich schützen."
Außerdem kritisiert er die Show-Elemente. "Manchmal habe ich den Eindruck, ich bin in einer Politshow. Das wird durch den Livestream verstärkt. Die gesamte Atmosphäre bekommt der Zuschauer nicht mit." Nur besonders wichtige Reden will er bislang freigeben.
Auch Fraktionskollege Dietmar Holz (65) lässt sich nicht dazuschalten. Sein Grund: "Ich will Missbrauch an Wort und Bild und Anfeindungen vermeiden. Aber ich dachte auch, dass mehr mitmachen." Inzwischen überlegt er, seinen Widerspruch doch zurückzunehmen.


Die Regelung ist klar: Zu Beginn der Wahlperiode fragt die Verwaltung ab, wer zustimmt. Wer ablehnt, wird bei Live-Redebeiträgen ausgeblendet. Übrigens: Wer der dritte "unsichtbare" Stadtrat ist, wollte das Rathaus nicht verraten.
Titelfoto: Bildmontage: 123rf/liudmilachernetska, Kristin Schmidt, Uwe Meinhold