Alter Leipziger Bahnhof: So soll Dresdens Klima-Stadtteil aussehen

Dresden - Auf diesem Gelände wurde Industrie- und Eisenbahngeschichte geschrieben: Vom alten Leipziger Bahnhof aus, einen Steinwurf vom heutigen Neustädter Bahnhof entfernt, ratterten ab 1839 die Züge zwischen Dresden und Leipzig - die erste Ferneisenbahnlinie Deutschlands. Jetzt könnte auf dem Gelände wieder Geschichte geschrieben werden: Auf dem weitläufigen Areal soll ein klimaneutraler Stadtteil in Dresden entstehen. Der Siegerentwurf wurde nun gekürt.

Die alten Bahngleise sollen gemäß dem Entwurf bepflanzt werden. Damit werden sie geschickt in das naturnahe neue Traum-Viertel eingegliedert.
Die alten Bahngleise sollen gemäß dem Entwurf bepflanzt werden. Damit werden sie geschickt in das naturnahe neue Traum-Viertel eingegliedert.  © Thomas Türpe

Lagerhallen, Bahngleise, Empfangsgebäude - bis heute sieht der Alte Leipziger Bahnhof fast noch so aus wie vor hundert Jahren.

Wenn's nach dem Rathaus geht, sollen auf dem mittlerweile verwahrlosten Gelände künftig Menschen in einer Art "grünem Paradies" leben, wohnen und arbeiten. Der von zuletzt noch sieben Bewerbern als Sieger hervorgegangene Planungsentwurf des Büros KOPPERROTH, Fabulism und Station C23 aus Berlin und Leipzig verspricht "Urbanität und Wildnis" - mitten in der Stadt.

Der Siegerentwurf sieht ein weitgehend autofreies Quartier "Stadtbausteine" mit zwei sogenannten Mobilityhubs (Stadtteilgaragen mit gemeinschaftlich genutzten Fahrzeugen) vor. Herzstück ist ein "Zentraler Park" mit Wäldchen, Baumhainen, Orangerie und Elbzugang.

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Die ehemaligen Bahnhofsanlagen sollen bleiben: Die Gleise werden bepflanzt, es sollen Werkstätten, eine Kultur- und Markthalle, aber auch Arbeits- und Wohnbereiche sowie ein überdachter Skatepark eingerichtet werden.

Das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens muss noch vom Stadtrat bestätigt werden. Frühestens ab 2028 könnten dann Bauanträge gestellt werden. Eine Ausstellung mit allen Entwürfen ist bis zum 13. April (Dienstag bis Samstag, 13-18 Uhr) im Zentrum für Baukultur (ZfBK) im Kulturpalast zugänglich.

Der Park bildet das Herzstück des Architekten-Entwurfs und ist auch für Bewohner außerhalb des Viertels erreichbar.
Der Park bildet das Herzstück des Architekten-Entwurfs und ist auch für Bewohner außerhalb des Viertels erreichbar.  © Thomas Türpe
Die Siegertruppe strahlt. Hier zu sehen (v.l.): Marcus Kopper (45), Dominik Renner (37), Julie Grönbeck (19), Martin Roth (43), Karina Legutke (31), Michael Rudolph (48), Giulia Pozzi (36) und Mirko Andolina (36)
Die Siegertruppe strahlt. Hier zu sehen (v.l.): Marcus Kopper (45), Dominik Renner (37), Julie Grönbeck (19), Martin Roth (43), Karina Legutke (31), Michael Rudolph (48), Giulia Pozzi (36) und Mirko Andolina (36)  © Thomas Türpe
Der Eingangsbereich des Alten Leipziger Bahnhofs soll laut Stadtratsbeschluss in Zukunft an die Deportationen von Juden in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten erinnern. Damit erhält der neue Stadtteil auch eine Gedenkstätte.
Der Eingangsbereich des Alten Leipziger Bahnhofs soll laut Stadtratsbeschluss in Zukunft an die Deportationen von Juden in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten erinnern. Damit erhält der neue Stadtteil auch eine Gedenkstätte.  © Thomas Türpe

Kommentar zum Leipziger Bahnhof - ein Modellfall für Dresden

Spielende Kinder, Gänse und Senioren in Eintracht: So harmonisch könnte das Zusammenleben im neuen Stadtviertel aussehen.
Spielende Kinder, Gänse und Senioren in Eintracht: So harmonisch könnte das Zusammenleben im neuen Stadtviertel aussehen.  © Thomas Türpe

Von Karoline Bernhardt

Endlich tut sich was am Alten Leipziger Bahnhof auf der Neustädter Seite. Nachdem der Prozess "Kooperative Quartiersentwicklung Alter Leipziger Bahnhof" mit Küren des Siegerentwurfs einen Abschluss gefunden hat, geht es jetzt an die Details.

Viele Fragen stehen noch offen. Wie viele Menschen einmal im Viertel wohnen werden? Was die Umsetzung kosten wird? Ob eine soziale Durchmischung im Viertel gelingt? Unklar.

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Klar ist: Das Viertel soll städtebaulichen Modellcharakter haben, vielleicht sogar andere Städte zur Nachahmung anregen. Diese Hoffnung wurde immer wieder geäußert. Doch die hehren Ziele sollten nicht von einem erhobenen Zeigefinger getragen werden. Wer später Glück hat, in dem hübschen Muster-Stadtteil zu wohnen und etwa auf ein Auto verzichten kann, ist kein besserer Mensch als der gewöhnliche Plattenbaubewohner.

Im Siegerentwurf steckt viel Mühe, und er ist ansehnlich. Wer würde nicht gerne in Elbnähe, mit Kulturangeboten, viel Grün und von Stadthistorie umgeben wohnen? Ob er eine breite politische Akzeptanz finden wird, ist offen.

Das letzte Wort hat der Stadtrat.

Titelfoto: Montage: Thomas Türpe

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