Der Horror nach dem Terror: "You came, you saw - ein No Escape Room" im Kleinen Haus

Dresden - Rassistische Anschläge erschüttern Deutschland seit Jahrzehnten. Im Kleinen Haus des Staatsschauspiels nimmt Autorin und Regisseurin Ayşe Güvendiren weniger die Terror-Taten in den Blick, sondern deren Umgang durch Polizei, Gerichte, Medien und Politik. Mit den Mitteln des Horror-Films entlarvt sie Gleichgültigkeit und institutionellen Rassismus. Das ist radikal-hartes Polit-Theater.

Groteske Zerrbilder im "No Escape Room" (v.l.): Sarah Schmidt, Philipp Lux, Lukas Vogelsang und Philipp Grimm.
Groteske Zerrbilder im "No Escape Room" (v.l.): Sarah Schmidt, Philipp Lux, Lukas Vogelsang und Philipp Grimm.  © Sebastian Hoppe

Der Brandanschlag in Mölln 1992, der Amoklauf in Hanau 2020 oder die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) - das und mehr bildet den Hintergrund der Inszenierung "You came, you saw - ein No Escape Room".

Dabei beschäftigt Güvendiren sich mit dem Horror nach den Bluttaten: Weggucken, Kleinreden, Kriminalisierung der Opfer zulasten der Angehörigen. Den Unwillen der Öffentlichkeit, sich mit der Gewalt auseinanderzusetzen, überträgt Güvendiren mit der Prämisse der Horrorfilm-Reihe "Saw" direkt in den Theatersaal.

Dort kettet der als Clown maskierte Jigsaw-Killer Menschen in einem Keller an, um sie mit ihren Verfehlungen zu konfrontieren.

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Hier spricht "Jigsaw" als Projektion zu den Zuschauern: Es sei ein Spiel, keine Falle, jeder könne jederzeit gehen. Aus dem Off referiert er Fakten.

Das Polit-Theater überzeugt mit zeitloser, aktueller Thematik

Vor weiß gekachelter Bühnenwand werden die in lebenden Bildern kommentiert: Geht es um verharmlosende "Döner-Morde", wetzt Philipp Grimm als Imbissverkäufer sein Messer, geht es um eine sinnlose Opfer-Obduktion, klopft Lukas Vogelsang als Grusel-Metzger Steaks, und Philipp Lux mimt im Fatsuit einen gelangweilten Polizeisprecher. Dazu werden Stimmen authentischer Hinterbliebener eingespielt.

Je grotesker die Bilder, desto mehr schnürt es einem die Kehle zu, auch wenn man die Details längst kennt. Ein beklemmender, zeitlos aktueller Theaterabend. Letzte Vorstellung vor der Sommerpause: Sonntag, 29. Juni.

Titelfoto: Sebastian Hoppe

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