Große Pläne, zähe Umsetzung: Digitales Rathaus hat viel Luft nach oben
Dresden - Deutschland redet vom Bürokratieabbau und der großen Digitaloffensive. In Berlin wurde dafür sogar ein eigenes Bundesministerium gegründet. Doch wie ist Dresden für diese Herausforderung gerüstet? Nicht besonders gut, sagen Lokalpolitiker.

Petitionen einreichen, den Wohnsitz abmelden oder den Stadtrat per Livestream verfolgen – die Stadtverwaltung bietet ihren Bürgern einen bunten Strauß an digitalen Dienstleistungen, viele bequem vom Sofa aus nutzbar. Als Technologie-Standort will Dresden bei der digitalen Aufholjagd ganz vorne mitspielen.
Deshalb verabschiedete der Stadtrat vor zwei Jahren die "Smart-City-Strategie" – eine Liste von Modellprojekten mit Vorzeigecharakter. Ziel: Die Bürger stärker einbinden.
"Ein klimaneutrales und sozial gerechtes Dresden" wolle man schaffen, heißt es in der offiziellen Erklärung. Ein Projekt ist die eigens entwickelte App "Cleema". Sie soll per "Challenges" (Deutsch: Herausforderungen) dazu motivieren, Müll auf den Elbwiesen zu sammeln oder 200 Kilometer pro Monat Rad zu fahren.
Doch das 55.000-Euro-Projekt kommt bislang kaum vom Fleck – seit Anfang 2023 wurde die App nur wenige Hundert Mal heruntergeladen.

Bei der Digitalisierung hakt es noch gewaltig

Während auf der einen Seite des digitalen Spektrums große Ziele formuliert werden, hakt es bei alltäglichen Anträgen gewaltig.
Bauvorlagen etwa müssen weiterhin per Post eingereicht werden – eine digitale Einreichung ist nicht möglich. Die Online-Buchung einer Lagerfeuerstelle? Wegen "technischer Probleme" aktuell nicht verfügbar. "Eine anderweitige Buchung ist ebenfalls nicht möglich", heißt es gleich im nächsten Satz.
Auch bei der Beantragung einer Baumfällung stößt man auf eine digitale Sackgasse: "Leider ist das Formular nicht verfügbar", steht auf der städtischen Webseite.
"Die Stadt muss Digitalisierung endlich zur obersten Priorität machen", fordert Stadtrat Matteo Böhme (43, Team Zastrow). Nur so könne man die Bürger wirklich entlasten.
Moritz Knobel (31, Grüne) nennt die Situation einen "Flickenteppich". Seine Fraktion will aufräumen – mit einer zentralen Plattform für alle Bürgerservices, vom Kindergarten bis zum Kfz. Knobel: "Bevor wir im Rathaus über Stellenabbau nachdenken, sollten wir erst einmal klären, wo wir digital optimieren können."

Infotag zeigt, was jetzt schon geht

Dresden macht mit beim bundesweiten Digitaltag am 27. Juni und lädt Bürger zum Mitreden, Mitgestalten und Mitwirken ein. Von 13 bis 18 Uhr zeigt die Stadt im Stadtforum an der Waisenhausstraße, wie digitale Demokratie ganz praktisch aussehen kann.
Vorgestellt werden smarte Lösungen für Mobilität, Energie und neue Online-Dienste. Mit dabei: der städtische IT-Betrieb, die Wirtschaftsförderung und das Smart-City-Team. Wer will, kann vor Ort mit Experten sprechen und eigene Ideen einbringen.
Bereits ab 23. Juni bieten auch die Städtischen Bibliotheken digitale Mitmach-Aktionen für Kinder und Jugendliche - von Robotern bis "Virtual Reality".
Titelfoto: Bildmontage: Thomas Türpe / IMAGO/Westend61