Diese Dresdnerin sitzt bald im Bundestag: Mit Rasha Nasr zieht die Zukunft ins Parlament
Dresden/Berlin - Sie kam übers Backen in den Bundestag. Im Wahlkampf hatte Rasha Nasr (29) stets ein heißes Blech im Ofen. Die Dresdner SPD-Bundestagskandidatin verführte ihre Wähler mit selbst gebackenen Cupcakes zum Kreuzchen an ihrem Namen und ihrer Partei. Mit Erfolg. Jetzt sitzt sie - fast - im Bundestag.

Am 26. Oktober treffen die frisch gewählten Abgeordneten im Reichstag erstmals zu ihrer Konstituierung zusammen. Bis dahin sitzt Rasha Nasr erst einmal auf gepackten Koffern in Dresden, denn ein Berliner Abgeordnetenbüro hat sie noch nicht.
Nasr würde am liebsten bei den alten Hasen der SPD-Fraktion im modernen Glasbau des Paul-Löbe-Hauses sitzen. "Ich gehe aber davon aus, dass wir Neuen erst mal in den Container-Büros am Reichstag untergebracht werden."
Wie ihr künftiges Büro aussehen soll, weiß sie aber schon: "Auf jeden Fall nicht klassisch mit Kunstdrucken und Skulpturen", winkt sie ab.
Dafür kann sie sich einen Blumenstrauß aus Legosteinen, Comic-Bilder und einen "Kalender oder Illustrationen der Künstlerin Cindy Fuchs und vom Fotografen Amac Garbe" vorstellen - beide aus Dresden.
Nasr ist zudem tierischer Katzenfan, liebt ihren Kater Kirk (10). "Der bleibt natürlich zu Hause in Dresden. Dafür wird eine Lego-Katze auf meinem Schreibtisch stehen."

"Welcher Partei ich angehöre, merkt man schnell, wenn man mit mir spricht"

Vor einem Fernseher ("damit ich im Büro Plenardebatten verfolgen kann") soll auch eine bequeme Couch für Kaffeeklatsch-Runden nicht fehlen - eine rote?
"Die Farbe spielt keine Rolle. Dass ich nicht über eine Farbe zeigen muss, welcher Partei ich angehöre, merkt man schnell, wenn man mit mir spricht."
Stimmt. Mit ihrer Art kann sie Menschen mitnehmen, ohne ihnen nach dem Mund zu reden. "Bei manchem Gespräch mit 'Querdenkern' am Wahlstand kippte allerdings die Stimmung, als völlig wahnwitzige Dinge vorgetragen wurden und jeglicher Zugang zu Fakten fehlte."
Dabei ist es Nasrs Stärke, fremde Meinungen auszuhalten. "Ich streite gern, habe aber ein Problem damit, wenn Diskussionen unsachlich und respektlos abdriften."
Ihr Talent wird die Berliner Ausschüsse beleben. "Ich würde am liebsten im Innenausschuss mitarbeiten, sehe mich als junge Frau mit Migrationshintergrund aus dem Osten in einer guten Position dafür."
"Ich werde jetzt häufiger von fremden Leuten auf der Straße erkannt"

"Ich würde mich für die Reformierung der Sicherheitsbehörden, besser mit den Ländern vernetzte Strukturen des Verfassungsschutzes und gegen Racial Profiling und latenten Rassismus stark machen. Auch ein Demokratiefördergesetz ist dringend notwendig, damit Projektarbeit nicht mehr an Zeitlimits gebunden und damit abgesichert und solide finanziert werden kann", sagt die 29-Jährige. Doch die Ausschusswahl ist kein Wunschkonzert.
"Ich bin als Bundestagsabgeordnete plötzlich auch Arbeitgeberin geworden, will erst einmal vier Leute einstellen." Zwei für das Berliner Büro, zwei für ein neues Wahlkreisbüro in Dresden. Derzeit werden geeignete Räume für einen Begegnungsort gesucht, "am liebsten im Dresdner Osten und nicht zu versteckt in einem Wohngebiet", sagt Nasr.
Büroleiter an der Elbe soll ihr Wahlkampfchef Rafael Alves Azevedo (32) werden. "Es schweißt zusammen, wenn man sich im Wahlkampf in Emotionen in jeder Lebenslage erlebt." Wichtige Bedingung für die Immobilie: Sie soll zwingend eine Küche bieten, damit Nasr ihre Hobbys Backen und Kochen auch mit der Arbeit verbinden kann.
Die Wahl ist gerade einmal drei Wochen her, doch für Rasha Nasr ist es, als hätte ihr jemand eine Tarnkappe weggerissen. "Ich werde jetzt häufiger von wildfremden Leuten auf der Straße erkannt und angesprochen", freut sie sich. Was diese Fremden ihr wünschen, wird ihr Anspruch auf der Berliner Bühne: "Rasha, mach' was draus!"
Wer genau ist Rasha Nasr überhaupt?

Rasha Nasr wurde 1992 in Dresden geboren. Nach ihrem Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium Nossen studierte sie an der TU Dresden Politikwissenschaft, arbeitete danach in der Uni-Pressestelle.
2016 war sie ein Jahr lang Integrationsbeauftragte der Stadt Freiberg, wurde 2017 Mitarbeiterin in der Pressestelle der SPD Sachsen.
Seit 2020 war sie Büroleiterin des SPD-Landtagsabgeordneten Albrecht Pallas (41), Fachmann für Themen wie Innere Sicherheit und Wohnungspolitik.
Das hat auf Nasr abgefärbt, sodass sie sich auch eine Arbeit im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales vorstellen kann: "Dann würde ich für die Kindergrundsicherung und das neue Bürgergeld kämpfen."
Ihre Freizeit verbringt die Dresdnerin am liebsten mit ihrem Verlobten, Kater Kirk und am Backofen: "Ich bin leidenschaftliche Hobbybäckerin, habe bis 2017 auf Instagram nur Tortenfotos gepostet."
Titelfoto: Eric Münch