Ein Fehlgriff und viel Bürokratie lassen Freitalerin verzweifeln
Freital - Es ist Januar. Ricarda Eichwald (39) begeht bei ihrem Arbeitgeber in Freital einen folgenschweren Fehler. Sie wird erwischt, bekommt einen Aufhebungsvertrag auf den Tisch gelegt. Jetzt hat sie Probleme, wieder auf die Füße zu kommen.

Über 20 Jahre lang hat Ricarda Eichwald gearbeitet, nur ein Jahr davon hat sie während Corona eine Anstellung gesucht. Geständig sagt sie zur Tat im Januar: "Das war der Fehler meines Lebens. Ich hätte mich selbst auch gefeuert."
Einen Tag nach der fristlosen Kündigung meldete sich Eichwald beim Jobcenter: "Arbeitslosengeld war aufgrund des Aufhebungsvertrages für drei Monate gesperrt. Ich habe also Bürgergeld beantragt."
Es hat einen Monat gedauert, bis der Bescheid kam: Ihr Antrag sei fehlerhaft. Eichwald wiederholte den Antrag, nun korrekt und beim Arbeitsamt. Wieder vergingen mehr als drei Wochen bis zur Rückmeldung: "Letztlich wurde mein Antrag auf Bürgergeld am 14. März abgelehnt. Beantragt habe ich alles am 8. Januar."
Vor einer Woche, vier Monate nach Antragstellung und genau einen Tag, nachdem TAG24 bei Jobcenter und Arbeitsamt in Freital angefragt hatte, ging alles plötzlich ganz schnell: "Ich gucke mehrmals täglich in die App. Und da war rückwirkend die Bewilligung des Geldes für Februar", berichtet Eichwald mit einem lachenden und einem tränenden Auge. Denn weiterhin fehlt der Bescheid über die Monate März, April und Mai.
Ricarda Eichwald muss Antidepressiva nehmen
3500 Euro musste sie sich mittlerweile privat leihen. Ein Cafébesuch, Brötchen vom Bäcker an der Ecke oder ein Döner, das ist "Luxusware" geworden.
Doch nicht nur finanziell ist Ricarda Eichwald am Rand angekommen. Sie nimmt Antidepressiva, sucht zeitgleich einen neuen Job: "Am liebsten wäre mir etwas im Büro, aber gelernt habe ich Bäckereifachverkäuferin."
Auf Nachfrage sagt eine Sprecherin des Jobcenters Sächsische Schweiz-Osterzgebirge: "Sollte bei Antragstellenden Unklarheit bestehen, stehen unsere Mitarbeitenden jederzeit für eine persönliche Klärung zur Verfügung."
Merkwürdig dabei: Ricarda Eichwald hatte bisher nach eigenen Angaben "nicht ein einziges persönliches Gespräch", denn das lief alles über die App.
Titelfoto: Norbert Neumann