Müllmann für einen Tag: Alles andere als ein Job für die Tonne
Dresden - Manche fluchen, wenn der Müllwagen morgens im Weg steht. Andere rollen mit den Augen, wenn’s mal wieder stinkt. Doch ohne sie würde in der Stadt gar nichts laufen: Müllmänner sind die wahren Helden des Alltags - orange gekleidet, früh unterwegs und immer mit vollem Einsatz. Grund genug für mich, den stinkenden Selbstversuch zu wagen: Ich, der TAG24-Reporter, spiele einen Tag lang Müllmann bei der Stadtreinigung. Oder ich versuche es zumindest.

Treffpunkt 5.45 Uhr in der Zentrale am Tatzberg. Dann heißt es umziehen in das überaus modische Orange - und wenig später ist Abfahrt. Ich bin nervös und motiviert. Noch.
Beim ersten Versuch, eine Tonne in diese Kippvorrichtung einzuhaken, sehe ich aus, als würde ich zum ersten Mal eine Schubkarre schieben. Links, rechts, zurück - falsch. Die Tonne rutscht immer wieder aus der Kippvorrichtung. Erst bei der fünften klappt’s, und ich bin schon fix und fertig.
Patrick (40) dagegen ist voll im Flow. Holt eine Tonne nach der anderen. "Gebummelt wird hier nicht", ruft er mir zu, während ich noch versuche, zwei Tonnen gleichzeitig zu schieben. Das funktioniert nicht. Zumindest nicht bei mir.
Ich haue mir die Dinger in die Hacken, sie bleiben hängen. Koordinativer Totalausfall - mal wieder. Ich genieße lieber einfach das Gefühl, hinten auf dem Müllwagen zu stehen. Fühlt sich irgendwie einfach cool an.




Fazit ist für die Tonne

Wir sind zu dritt auf der Tour: Christian (35) fährt, Patrick und ich holen die Müllbehälter - und trotzdem sind wir nicht schneller. Im Gegenteil: Wir müssen Zeit aufholen, weil ich … nun ja, sagen wir mal … das Gegenteil von Tempo bin. Während Patrick weiter fleißig Tonnen holt, ruhe ich mich zwischendurch kurz im Wagen aus. Wirklich nur kurz. Vielleicht zehn Minuten. Oder fünfzehn. Zeitgefühl geht im Müll unter.
Dann dieser Geruch. Leute, ernsthaft - eine volle Biotonne im Sommer. Das ist gewöhnungsbedürftig. Manche Tonnen sind gefühlt so schwer wie Kleinwagen, andere fahren einfach, wohin sie wollen. Ich bin am Kämpfen, aber irgendwie werde ich besser.
Ab und zu winkt mal ein Kind. "Ja, wir haben schon richtig unsere Fans", erzählt Christian. Ich winke zurück wie ein Star auf dem Karnevalswagen. Für einen Moment fühle ich mich wie ein Held. Dann verrutscht mir wieder eine Tonne und ich bin zurück auf dem Boden der Tatsachen.
Am Ende noch den Müll abladen und dann stehen 457 geleerte Tonnen auf der Uhr - 8,68 Tonnen Müll in sechs Stunden. Mein Rücken fühlt sich an wie nach einer Woche Möbelpacken, meine Arme wie zwei nasse Handtücher. Und trotzdem macht’s irgendwie Spaß. So auf eine absurde, verschwitzte, stinkende Art.
Und dann kommt Christians Fazit - nach zwölf Jahren bei der Stadtreinigung darf er so was sagen: "Ganz ehrlich: Für Dich wär das nix - einfach vom Typ her. Aber Du hast Dich echt gesteigert und ordentlich mitgemacht." Ich nehm’s als Kompliment. Und dann - ab unter die Dusche!
Titelfoto: Stefan Häßler