Dresden - Im Islamischen Zentrum am Flügelweg (Friedrichstadt) drängeln sich freitags Hunderte Männer in die Gebetsräume. Viele tragen traditionelle Gewänder und einen langen Bart, verstehen die arabische Predigt. Andere sind erst seit Kurzem gläubig und können nur ein paar Brocken Arabisch.
So wie Konvertit Abu Amir (38), der seinen deutschen Namen abgelegt hat.
Der Kinder- und Jugendbetreuer erzählt mit einer Tasse Tee in der Hand: "Ich hatte vor zwei Jahren eine depressive Phase. Dann habe ich angefangen, den Koran zu lesen, und meinen inneren Frieden gefunden." Die Menschlichkeit des Islam habe ihn begeistert, die Gemeinschaft gefestigt.
Auch Henry Woywod (57) konvertierte zum Islam, als er Orientierung im Leben suchte - und seine muslimische Frau heiraten wollte. Im Islam habe er "eine Art Bedienungsanleitung fürs Leben" gefunden, erzählt der Dresdner. 18 Jahre ist das inzwischen her, er bereut die Entscheidung nicht.
"Es freut mich, dass meine Religion attraktiv ist", sagt der ägyptische Imam der Moschee, Badr Ali (48). Der Islam motiviere die Gläubigen, sich gut zu verhalten: "Liebe, Herzlichkeit und Toleranz sind islamische Werte."
Trotzdem wird Frauen im Islamischen Zentrum der Handschlag verweigert. Wie passt das zusammen? Mustafa Niazi (37) betet regelmäßig im Zentrum, beruft sich auf den Propheten Mohammed und erklärt: "Das ist eigentlich ein Zeichen der Ehrung. Einer Königin würde man auch nicht die Hand geben."
Gemeinschaft und Gaza-Krieg zieht Menschen zum Islam
Jenny Wünsch (41) fühlt sich dadurch auch nicht vor den Kopf gestoßen. Sie konvertierte im Dezember 2024 zum Islam, trägt jetzt gelegentlich sogar einen Nikab (Gesichtsschleier).
Bevor sie die "Schahada" (muslimisches Glaubensbekenntnis) sprach, habe sie sich wie eine Außenseiterin gefühlt. "Ich werde in der Gemeinschaft respektiert. Seit ich Muslima bin und Kopftuch trage, bieten mir Männer in der Straßenbahn ihren Platz an", lacht die Dresdnerin.
Ihre Beobachtung: "Jede Woche konvertieren Männer und Frauen in Dresden zum Islam. Manche wollen Gemeinschaft finden, andere wenden sich durch den Gazakrieg dem Islam zu."
Nicht nur das Islamische Zentrum profitiert laufend von Konvertiten. Stadtweit gibt es noch andere Moscheen, in denen Dutzende Neu-Muslime beten.