Kostümprobe mit Londoner Leihgaben: Dieser Ozonschrank ist die Geheimwaffe der Semperoper

Dresden - Die Semperoper fiebert einer ganz besonderen Premiere entgegen: dem Ballett "Onegin" - in der Choreografie und Inszenierung von John Cranko (†1973) und Kostümen von Jürgen Rose (88). Seit 60 Jahren wird dieses Ballett, so berühmt wie "Schwanensee" und "Dornröschen", in aller Welt gefeiert - ab 27. Juni auch in Dresden. Die Kostümwerkstatt hat schon jetzt mit den Anproben begonnen.

Herrengewandmeisterin Anna Schade (36) ist zufrieden: Bei Tänzer Jun Xia passt fast alles.  © Eric Münch

"Die rund 200 Kostüme haben wir uns für zwei Spielzeiten vom Royal Opera House in London ausgeliehen. Eine Neuanfertigung entsprechend der Maßgaben wäre deutlich teurer gewesen", weiß Ralph Lederer (55), Direktor der rund 100 Mitarbeiter zählenden Kostümwerkstatt.

Doch damit ist es nicht getan. Die über zehn Jahre alten Kostüme müssen aufwendig aufgearbeitet und angepasst werden.

Bei Tänzer Jun Xia geht das schnell. Bei seinem weißen Hemd unterm schwarzen Lederfrack ist nur der Kragen anzulegen. "Das ist in 15 Minuten erledigt", weiß Herrengewandmeisterin Anna Schade (36).

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Bei der Arbeit an den Kostümen zählt jeder Zentimeter

Kostümassistentin Anke Parma-Hille (61, l.) steckt die Änderungen am Kleid von Solistin Hyo-Jung Kang fest.  © Eric Münch

Bei Solistin Hyo-Jung Kang, die die Hauptrolle der "Tatjana" übernimmt, sind allein zehn Stunden Arbeit an ihrem roten Kleid einzuplanen - und sie hat sechs Umzüge!

"Die Taille wird enger gemacht, der Ausschnitt schwungvoller gestaltet und alle handgearbeiteten Blüten müssen aufgerichtet werden", steckt Kostümassistentin Anke Parma-Hille (61) die Änderungen ab.

"Manchmal geht es nur um ein, zwei Zentimeter. Aber die Tänzer müssen atmen und sich bewegen können. Noch dazu verändert sich die Muskulatur je nach Trainingsintensität."

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Seit 46 Jahren arbeitet Anke Parma-Hille am Haus, ihre Erfahrung ist Gold wert. Ihrem Auge entgeht weder eine lose Naht noch ein rissiger Stoff, der ersetzt werden muss.

Die Kostüme werden mit einem besonderen Hilfsmittel gereinigt

Kostümwerkstätten-Direktor Ralph Lederer (55) hängt ein Kleid in den Ozonschrank.  © Eric Münch

Passt alles, geht es weiter: Die Garderobe darf in den meisten Fällen nicht gewaschen werden. "Doch nach einer Vorstellung sind die Kostüme nass geschwitzt. Sie müssen getrocknet und gereinigt werden", weiß Lederer und zeigt seine Geheimwaffe - den Ozonschrank auf dem Dachboden der Werkstätten.

"Hier können bis zu zehn Kostüme gleichzeitig mit Ozon behandelt werden. Sie kommen für 30 bis 120 Minuten in den Schrank."

Danach sind sowohl Bakterien als auch Schweißgeruch verschwunden - und es kann wieder zu Tschaikowskis Musik getanzt werden.

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