Der Kirchturm mit dem Canaletto-Blick

Dresden - Sie hat etwas, das andere nicht haben: Nur die Dreikönigskirche an der Hauptstraße bietet einen Canaletto-Blick! Da sehen Frauenkirche und Kreuzkirche, Rathausturm und Fernsehturm und Yenidze, aber auch Weißer Hirsch, Südhöhe oder der Trutzsch-Berg in Nickern alt aus.

Die Dreikönigskirche befindet sich an der Hauptstraße auf der Neustädter Seite von Dresden.
Die Dreikönigskirche befindet sich an der Hauptstraße auf der Neustädter Seite von Dresden.  © Steffen Füssel

An der frisch sanierten Westseite erwartet uns Kirchner Georg von Breitenbuch (53). Dort befindet sich neben dem Gemeindebüro auch der Aufgang zum Turm. "In der Saison haben wir mittwochs bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet", sagt er und steigt voran.

Auf halbem Weg erwartet uns Türmerin Marion Grätz. Die freundliche 60-Jährige stellt Tickets aus (5/4 Euro, Kinder 1,50 Euro). Kurze Streicheleinheit für Turmhund Lea, dann geht's zum Aussichtspunkt.

Vorbei an Turmuhren und Glocken erfahren wir die Geschichte des Hauses. "Es wurde 1732 bis 1739 nach Plänen von Matthäus Daniel Pöppelmann errichtet und nach den Zerstörungen 1945 in den 1980ern wiederaufgebaut", so von Breitenbuch. Der Turm entstand erst viel später.

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Anders als die Kirche kam er im Februar 1945 glimpflich davon, konnte jedoch nicht vor 1993 grundhaft saniert werden. Zugänglich für Besucher ist er wieder seit 1999.

Gerade plant der Kirchner eine Fotoausstellung. In ihr soll vor allem die Veränderung des Stadtbildes dokumentiert werden. Gäste und Dresdner sind eingeladen, historische Fotos beizusteuern.

Kirchner Georg von Breitenbuch (53).
Kirchner Georg von Breitenbuch (53).  © Eric Münch
Türmerin Marion Grätz (60).
Türmerin Marion Grätz (60).  © Eric Münch

Bald gibt's auch Sonnenauf- und -untergang vom Kirchturm aus zu sehen

Der Blick vom Turm heute ...
Der Blick vom Turm heute ...  © Eric Münch
... und einst.
... und einst.  © ARSTEMPANO/Andreas Hummel

Darüber hinaus soll es in diesem Jahr gelegentlich Aufstiege zum Sonnenaufgang und zur "blauen Stunde" geben - erstmalig früh am 20. August um 5 Uhr. Am 21. August wird der Turm ab 14 Uhr öffnen und bis 22.30 Uhr offen bleiben.

Doch was sieht man eigentlich alles? Natürlich zentral jenen Blick, den der Maler Bernardo Bellotto alias Canaletto (1721 oder 1722-1780) in den 1740er Jahren so oft malte: die Silhouette der Dresdner Altstadt.

Von dort wandert unser Blick wahlweise zum Barockviertel zu Füßen der Kirche oder in die Ferne zum Windberg, dann nach Gorbitz, von dort fast bis nach Meißen.

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Auf der Nachbarplattform sind Radebeul und der Dresdner Norden zu sehen. Wieder eine Plattform weiter erschließt sich die Neustadt in all ihren Facetten. Plattform vier eröffnet ganz neue Ansichten des Elbhangs, weit hinten die Sächsische Schweiz.

Wieder unten angelangt lohnt ein Gang ins Gotteshaus. So ist die Dreikönigskirche nicht nur Kirche und kirchliches Veranstaltungszentrum, sondern war von 1990 bis 1993 auch Sitz des Landtags.

Eine Wechselausstellung im Foyer ergänzt das Angebot ebenso wie die Mittagskantine (wieder ab 15. August), die wochentags Speisen zum Mitnehmen anbietet. Selbst öffentliche Toiletten sind zu finden.

Kontakt zur Turmschau: dreikoenigsblick@gmx.de; Öffnungszeiten tagesaktuell unter kirchspiel-dresden-neustadt.de; Türmerin: 0157/87498132.

Erst 120 Jahre später fertig

Der Turm wurde mehr als einhundert Jahre nach dem Kirchenbau vollendet.
Der Turm wurde mehr als einhundert Jahre nach dem Kirchenbau vollendet.  © Hermann Krone

Der Turm der Dreikönigskirche entwickelte sich in mehrlei Hinsicht anders als das Haupthaus: Er wurde fast 120 Jahre später fertiggestellt - obwohl bereits begonnen worden war.

Doch 1739 beließen es die Bauleute bei einem 18 Meter hohen Stummel. Obendrauf ein Notdach, das den immerhin vorhandenen Glocken einen eher dumpfen Klang verlieh.

Erst im Jahr 1856 konnte die Fertigstellung gefeiert werden. Nun waren es 87,50 Meter, die erreicht wurden.

Möglich gemacht hatte den Turm eine Art Spendenmarathon. Die öffentliche Hand beteiligte sich ebenfalls, ebenso die Jüdische Gemeinde zu Dresden mit ihren damals kaum 800 Mitgliedern.

Und selbst Sponsoren waren zugange: die Schokokönige von "Jordan & Timaeus" aus der Äußeren Neustadt trugen ihr Scherflein bei!

Titelfoto: Steffen Füssel

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