Dresdens vergessenes KZ: Stadträte wollen jetzt endlich an das Lager erinnern!

Dresden - Zwischen Großzschachwitz und Sporbitz im Dresdner Osten liegen Kleingärten, Felder und Werkshallen. Was kaum einer weiß: In der Endphase der NS-Herrschaft wurden dort in einer Außenstelle des Konzentrationslagers (KZ) Flossenbürg bis zu 1000 Verfolgte zur Arbeit gezwungen.

Grundstück in Privateigentum: Auf dem Gelände an der Fritz-Schreiter-Straße (Sporbitz) haben sich über die Jahre mittelständische Firmen angesiedelt.
Grundstück in Privateigentum: Auf dem Gelände an der Fritz-Schreiter-Straße (Sporbitz) haben sich über die Jahre mittelständische Firmen angesiedelt.  © Steffen Füssel

Bereits zu Kaisers Zeiten wurden hier in riesigen, mehrgeschossigen Hallen Mühlen und Maschinen für die Industrie gebaut. Ab 1939 stellte die damalige Eigentümerin MIAG auf dem Gelände an der heutigen Fritz-Schreiter-Straße sukzessive auf die Kriegsproduktion um. So liefen hier später Sturmgeschütze, Panzergetriebe und Geschützlafetten für die Wehrmacht vom Band.

Spätestens ab Oktober 1944 fand die Produktion unter dem massenhaften Einsatz von Zwangsarbeitern statt. Diese kamen aus ganz Europa, waren etwa polnische Juden oder Widerstandskämpfer aus Frankreich. Die Gefangenen wohnten in den kalten und schmutzigen Obergeschossen der Hallen, mussten zum Arbeiten an die Maschinen im Erdgeschoss und dem Keller.

Das KZ Flossenbürg mit Zentrale in der Oberpfalz (Bayern) unterhielt annähernd 80 Außenlager, davon allein acht in Dresden. Kurz nach Kriegsende machten Truppen der Roten Armee die Anlage in Sporbitz dem Erdboden gleich, sprengten auch die vier Produktionshallen.

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Das Gros der heute noch stehenden Gebäude wurde erst nach 1945 errichtet.

Später von Sowjettruppen gesprengt: Seit dem späten 19. Jahrhundert wurden in vier großen Hallen Mühlen und Maschinen gebaut. (Archivbild)
Später von Sowjettruppen gesprengt: Seit dem späten 19. Jahrhundert wurden in vier großen Hallen Mühlen und Maschinen gebaut. (Archivbild)  © AKuBiZ e.V.
Nach dem 1. Weltkrieg übernahm das Unternehmen MIAG die Geschäfte am Standort. (Archivbild)
Nach dem 1. Weltkrieg übernahm das Unternehmen MIAG die Geschäfte am Standort. (Archivbild)  © wikipedia
Ähnlich wie hier im Konzentrationslager Dachau mussten auch in Sporbitz Zwangsarbeiter ihren Beitrag zur NS-Kriegswirtschaft leisten. (Archivbild)
Ähnlich wie hier im Konzentrationslager Dachau mussten auch in Sporbitz Zwangsarbeiter ihren Beitrag zur NS-Kriegswirtschaft leisten. (Archivbild)  © picture alliance/ASSOCIATED PRESS

KZ im Dresdner Osten: Stadträte wollen Gedenkort errichten - Unternehmer äußert Bedenken

Stadtrat Johannes Lichdi (60, Dissidenten) möchte einen Gedenkort für die Öffentlichkeit entwickeln lassen.
Stadtrat Johannes Lichdi (60, Dissidenten) möchte einen Gedenkort für die Öffentlichkeit entwickeln lassen.  © Petra Hornig

Ein Bündnis aus Dissidenten, SPD und Linken im Stadtrat möchte das Schicksal der Arbeiter nun stärker hervorheben, auf dem Gelände einen Gedenkort entwickeln.

"Wir wollen mit dem Antrag dafür sorgen, dass die Spuren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft für kommende Generationen als Mahnung erhalten bleibt", so Stadtrat Johannes Lichdi (60, Dissidenten).

Es gibt aber auch vorsichtige Bedenken, etwa von dem Geschäftsführer eines örtlichen Metallverarbeitungsunternehmens (70 Beschäftigte). Denn innerhalb von zwei Jahren gab es hier zwei Brandanschläge, zuletzt im Februar.

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"Ich habe Angst um meine Mitarbeiter und das Unternehmen", erklärte der Firmenchef gegenüber TAG24. "Nach bisherigen Erkenntnissen ergeben sich keine Hinweise auf eine politische Motivation", teilte ein Polizeisprecher mit Blick auf die Ereignisse vom 18. Februar mit.

Bereits heute ist im Eingangsbereich des Gewerbegebietes eine kleine Gedenktafel zu finden.
Bereits heute ist im Eingangsbereich des Gewerbegebietes eine kleine Gedenktafel zu finden.  © Steffen Füssel
Täter und Motiv bislang unbekannt: Am 18. Februar ging ein Lagerhaus aus den 1930er-Jahren in Flammen auf.
Täter und Motiv bislang unbekannt: Am 18. Februar ging ein Lagerhaus aus den 1930er-Jahren in Flammen auf.  © Roland Halkasch

Die Ermittlungen würden noch andauern. Von den Tätern fehlt bislang offenbar jede Spur.

Titelfoto: Montage: Steffen Füssel, Petra Hornig, picture alliance/Associated Press

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