Haben Behörden gepennt? Dieser Beschluss soll nach 35 (!) Jahren umgesetzt werden
Dresden - Stellt euch vor, wir schreiben September 1990. Die Zeit kurz vor der Wiedervereinigung, als Smartphones und Internet Zukunftsmusik waren, Trabis das Straßenbild prägten. Viele hatten weder Auto noch Festnetz. Genau damals beschloss die Stadt, den kleinen Randbezirk Sporbitz kurz vor Heidenau mit neuen Flächen für Gewerbe, Wohnen und Erholung aufzuwerten. Doch erst jetzt nimmt das Rathaus diesen Plan wieder auf - 35 Jahre später!

Als die Pläne geschmiedet wurden, war Günter Platter (87) noch als Mechaniker werktätig. Inzwischen ist er lange in Rente und zweifelt daran, dass er bei Fertigstellung der neuen Stadtpläne noch lebt. "Es wäre wirklich schön, wenn die Gegend wieder aufblühen würde. Früher hatten wir Fleischer, Friseur und Konsum vor Ort. Aber ich glaube nicht, dass ich das noch erlebe."
Eigentlich will die Stadtverwaltung, was Günter Platter sich wünscht: Gewerbebrachen wiederbeleben und dadurch die Wirtschaft ankurbeln, außerdem schöne Grünflächen anlegen und sogar Wohnungen bauen lassen.
Warum erst jetzt - 35 Jahre nach dem ersten Beschluss, 28 Jahre nach der ersten Bürgerbeteiligung?


Hier verweist das Rathaus auf das Jahrhunderthochwasser von 2002. Denn: Das Plangebiet lag teils im festgesetzten Überschwemmungsgebiet.
Im Juni soll der Bauausschuss entscheiden

"Nach dem damals geltenden Paragrafen des Sächsischen Wassergesetzes war die Ausweisung neuer Baugebiete in Überschwemmungsgebieten untersagt", erklärt die Stadt. Mit der Erarbeitung neuer Pläne ohne Bebauung dieser Überflutungsgebiete begann die Stadtverwaltung aber erst 2024, gemeinsam mit den Grundstückseigentümern.
Im Juni soll der Bauausschuss über den Rahmenplan und die Aufstellung eines Bebauungsplans entscheiden.
"Das hätte man schon früher angehen können", findet Anwohnerin Christine Schirmer (73). Sie hat sich daran gewöhnt, weite Strecken zur nächsten Kaufhalle zurückzulegen. "Früher hätten mir Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe gefallen, aber jetzt habe ich mich eingerichtet. Länger zum Supermarkt laufen zu müssen, hält auch fit."

Ob sie bei der neuen, von der Stadt geplanten Bürgerbeteiligung mitmachen will? Frau Schirmer will es sich überlegen. Rentner Platter fühlt sich zu alt für die Teilnahme ...
Titelfoto: Fotomontage: Norbert Neumann