Mein Tag als Hobby Horser: Koordinativer Totalausfall beim Galoppieren

Dresden - Man hat es vielleicht schon mal gehört oder im Internet gesehen: Leute, die mit Holzpferden durch Hallen galoppieren, über Hindernisse springen oder elegante Dressur-Küren aufführen. Was auf den ersten Blick kindlich oder kurios wirkt, ist in Wirklichkeit ein ernstzunehmender Sport – mit festen Regeln, Technik und Training. Die Rede ist von "Hobby Horsing", einem Trendsport, der längst auch in Sachsen viele begeisterte Anhänger hat.

Zu Beginn übergibt Leticia (10) dem neuen "Hobby Horser" sein Pferd.
Zu Beginn übergibt Leticia (10) dem neuen "Hobby Horser" sein Pferd.  © Ove Landgraf

Grund genug für mich, es selbst einmal auszuprobieren. Ich, der TAG24-Reporter Benjamin Schön (22), nahm an, als Hobby Horser hüpfe ich mal locker flockig über ein paar Hindernisse.

Doch stattdessen bin ich direkt in die Realität galoppiert. Und die war hart, schmerzhaft, hatte viele Regeln.

Schon bei der Erwärmung ist klar: Das hier wird kein Kindergeburtstag mit Ponyreiten. Grundschritte. Handhaltung. Das sind schon meine ersten Endgegner.

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"Die Zügel müssen genau richtig am Hobby Horse, also dem Pferd, liegen. Du darfst sie nicht zu verkrampft halten", belehrt mich Trainerin Lina (14). "Außerdem die Kopfbewegung beim Pferd nicht vergessen."

Oje, TAG24-Reporter Benjamin Schön (22) versucht sich beim Reiten auf dem Steckenpferd.
Oje, TAG24-Reporter Benjamin Schön (22) versucht sich beim Reiten auf dem Steckenpferd.  © Ove Landgraf

Hobby Horsing: Lächeln wichtig!

Könnte besser sein: Beim Galopp kommt es auf die Haltung der Zügel an.
Könnte besser sein: Beim Galopp kommt es auf die Haltung der Zügel an.  © Ove Landgraf

Doch auf was kommt es bei den unterschiedlichen Schritten an? Lina erklärt es mir. Da raucht mein Hirn schon nach ein paar Minuten. Ich versuche es. Ehrlich. Aber meine Koordination hat beschlossen, Urlaub zu machen – und das eigentlich schon seit Jahren.

Außerdem ganz wichtig: Nicht vergessen zu lächeln! Auch beim Springreiten muss das Gesicht strahlen, selbst wenn der Körper innerlich schreit. Ich hingegen sehe aus wie ein Pogo-Stick mit Selbstzweifeln.

Kein Wunder, dass sich einige Eltern beim Zuschauen vor Lachen kaum halten können. "Beim Springen ein Bein vorn nach innen, das andere nach hinten und die Zehenspitzen schön gerade", erklärt Lina.

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Sie macht es mir perfekt vor. Und ich? Komplett verknotet, als ob ich zum Kung-Fu-Kick ansetzen würde. Und das Stoffpferd zwischen den Beinen macht das Springen nicht einfacher – ständig fliegt es mir fast davon. Wenigstens schaffe ich es über das Hindernis. Irgendwie.

Als die Mädels mir danach eine Dressur-Kür vorführen, bin ich kurz sprachlos. So viel Eleganz, so viel Präzision – und dann komme ich mit meinem Versuch, ein paar "Elemente" nachzumachen.

Das Training findet in der Turnhalle der 77. Grundschule statt.
Das Training findet in der Turnhalle der 77. Grundschule statt.  © Ove Landgraf

Fazit: Hobby Horsing ist schwerer als es aussieht

Bei mir sieht es eher aus wie Freestyle-Tanzen mit Bandscheibenvorfall. Fazit der Trainerin? "Klar, es sah nicht hundert Prozent aus. Aber ich finde es gut, dass du es probiert hast." Worte, die Mut machen. Ich merke schon nach den zwei Stunden Training den Muskelkater.

Mein Selbstversuch endete irgendwo zwischen einem koordinativen Totalausfall und dem Gefühl, dass mich mein Körper aktiv sabotiert.

Fazit: Dieser Sport ist mehr als nur ein Hobby - und viel schwerer als er aussieht.

Teil 1 der Serie: Ein Tag als Schornsteinfeger lest Ihr hier.

Völlig kaputt! Nach dem Training macht sich Erschöpfung breit.
Völlig kaputt! Nach dem Training macht sich Erschöpfung breit.  © Ove Landgraf

Ein gutes Pferd kostet 1800 Euro

Hobby Horsing hat seinen Ursprung in Finnland. Dort wurde 2002 der erste Verein gegründet. Durch Social Media und den Film "Hobbyhorse Revolution" wurde die Sportart europaweit bekannt.

Auch in Deutschland wächst die Szene seit 2015. Häufigster Vorwurf? "Die denken wohl, das Pferd ist lebendig!" – Falsch. "Es ist ein Sportgerät", erklärt Lina (14) ganz klar.

Gepflegt wird es trotzdem. "Aber nicht, weil wir denken, dass es dem Pferd gefällt", sondern weil es unter anderem für Turniere dazugehört und die Hobby Horses sehr teuer sind.

Ein gutes Pferd kostet um die 650 Euro. Es kann aber auch bis zu 1800 Euro gehen. In Dresden veranstaltet das "Kinder- und Jugendhaus INSEL" das Hobby Horsing.

Titelfoto: Montage: Ove Landgraf (2)

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