Weltkrieg, Sozialismus und Hochwasser: Alles wieder Super bei Deutschlands ältester Tanke

Dresden - Nach gut zwei Jahren Baustellen-Nadelöhr rollt der Verkehr an der Bautzner Straße seit drei Wochen wieder. Damit ist auch die Leidenszeit für die 1927 gebaute kultige Tankstelle mit rundem Dach und achteckigem Klinkerhäuschen vorbei.

Mit rundem Dach und achteckigem Klinkerhäuschen: Deutschlands älteste noch aktive Tankstelle gibt es sogar zweimal - in echt ...
Mit rundem Dach und achteckigem Klinkerhäuschen: Deutschlands älteste noch aktive Tankstelle gibt es sogar zweimal - in echt ...  © Thomas Türpe

Dank überwältigender Unterstützung von Kunden überstand Deutschlands älteste noch aktive Tanke dieser Art die Querelen und nähert sich jetzt ihrem 100-jährigen Jubiläum.

Beinahe hätte die Dauer-Baustelle das Aus für die Kult-Tanke bedeutet, die bereits Weltkrieg, Sozialismus und Hochwasser überstanden hatte. "Streckenweise gab es bis zu 45 Prozent Umsatzeinbruch", sagt Pächterin Ute Jautze (65), gelernte Schlosserin, die seit 1998 den Zapfsäulenbetrieb betreut.

"Von den Behörden gab es keine Unterstützung. Wäre mir mein Verpächter (TotalEnergies, früher Total, Anm. d. Red.) nicht entgegengekommen, hätte ich es nicht geschafft. Und natürlich bedanke ich mich herzlich bei allen Kunden, von denen uns so viele auch in der schweren Zeit die Treue gehalten haben. Viele umliegende Geschäfte haben sogar für uns geworben."

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Auch Oldtimerfreunde und Biker halfen mit Tank-Treffs, sorgten für Umsatz.

... und als Modell.
... und als Modell.  © Thomas Türpe
Eine Aufnahme von 1993: Die Bezeichnung "Minol-Tankstelle" geht auf die Nutzung während der DDR-Zeit durch den VEB Minol zurück.
Eine Aufnahme von 1993: Die Bezeichnung "Minol-Tankstelle" geht auf die Nutzung während der DDR-Zeit durch den VEB Minol zurück.  © SLUB

Kaum ein Zentimeter Raum, der nicht ausgenutzt wird

Seit 1998 für ihre Kunden da: Pächterin Ute Jautze (65) mit preisgünstiger Bockwurst und Brötchen (2,50 Euro).
Seit 1998 für ihre Kunden da: Pächterin Ute Jautze (65) mit preisgünstiger Bockwurst und Brötchen (2,50 Euro).  © Thomas Türpe

Jautzes Reich erstreckt sich über rund 20 Quadratmeter im Klinkerbau. Kaum ein Zentimeter Raum, der nicht ausgenutzt wird. Neben üblichen Waren wie Motoröl oder Holzkohle bietet Jautze auch Kuscheltiere und frische Gurken an.

"Faszinierend, wie viel man in das Häuschen bekommt", sagt Kunde Thomas Feske (41). "Außerdem mag ich die Mitarbeiter." Drei Vollzeit-Kräfte beschäftigt Jautze, die sich wochentags von 5 bis 22 Uhr um Kundschaft kümmern.

"Jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich noch wollte", sagt ein älterer Herr an der Kasse. "Aber ich!", entgegnet Jautze lächelnd und reicht ihm eine Schachtel Zigarillos über den Tresen.

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"Gut, dass es die Tankstelle gibt", sagt Lars Zobel (59), der hier einmal die Woche seine Brötchen holt.

"Gut, dass es die Tankstelle gibt", sagt Kunde Lars Zobel (59).
"Gut, dass es die Tankstelle gibt", sagt Kunde Lars Zobel (59).  © Thomas Türpe

In zwei Jahren wird die Tanke 100 Jahre alt

An der Zapfsäule: Peter Hahmann (47) tankte sein Motorrad voll.
An der Zapfsäule: Peter Hahmann (47) tankte sein Motorrad voll.  © Thomas Türpe
Diese Weihnachtsmann-Biker machten Halt, um die Tanke während der umsatzarmen Bauzeit zu unterstützen.
Diese Weihnachtsmann-Biker machten Halt, um die Tanke während der umsatzarmen Bauzeit zu unterstützen.  © privat

Auch preislich unterscheidet sich der Betrieb von seiner Konkurrenz. Cappuccino 1,80 Euro, Bocki mit Brötchen 2,50 Euro, Radeberger 1,80 Euro. "Man muss ja nicht jeden Trend mitmachen", sagt Jautze zu ihrer verbraucherfreundlichen Preispolitik.

In zwei Jahren wird die Tanke 100 Jahre alt. Jautze würde das am liebsten dann selbst als Gast feiern, kommendes Jahr in Rente gehen. Einen Nachfolger für Dresdens schönste Tanke wird sie sicher finden ...

Titelfoto: Fotomontage: Thomas Türpe//SLUB

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