Wenn Plätzchen zur Qual werden: Anikas Weg aus der Essstörung

Dresden - Weihnachtsmärkte, süßes Gebäck und festliche Menüs: Für viele ist die Weihnachtszeit ein Fest des Schlemmens. Für Anika F. (22) hingegen war sie lange Zeit eine Qual. Im Gespräch mit TAG24-Redakteurin Isabel Klemt (26) erzählt sie, wie belastend die Feiertage für sie waren, als sie mit einer Essstörung lebte.

Für Anika (22) waren Weihnachtsmärkte lange mit Anspannung verbunden - heute gehört das der Vergangenheit an.  © TAG24 / Isabel Klemt

Anika erzählt mir, dass die Weihnachtszeit für sie alles andere als schön oder besinnlich war.

"Überall war Essen - Süßigkeiten, Gebäck, auf den Weihnachtsmärkten oder beim Familienessen. In meinem Kopf bedeutete das permanenten Stress", verrät die 22-Jährige.

Dabei war das Essen selbst nicht das Problem - im Gegenteil. "Es ging um Kalorien, Zahlen, Gewicht, Kontrolle, Vergleiche", erklärt sie. Vor allem Süßspeisen lösten bei ihr große Angst aus, obwohl sie diese eigentlich liebt.

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Schließlich führte dieser innere Druck dazu, dass sie eine Essstörung entwickelte.

Während ihre Freunde Rostbratwurst, Lángos oder Schokofrüchte auf dem Weihnachtsmarkt genossen, war Anika zwar körperlich dabei, innerlich jedoch ständig angespannt.

"Weihnachtsmarkt oder großes Familienessen bedeutete für mich nicht Genuss, sondern Aushalten. Ich war dabei - aber innerlich ganz woanders", so Anika.

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Anika hat ihren Umgang mit Essen grundlegend verändert

Mit TAG24-Redakteurin Isabel Klemt (26, l.) aß Anika (22) auf dem Dresdner Striezelmarkt Kräppelchen - ganz ohne schlechtes Gewissen.  © Norbert Neumann

Der Wendepunkt kam für die 22-Jährige durch ihre Eltern. "Meine Eltern haben gemerkt, wie schlecht es mir ging und wie sehr sie sich um mich sorgten."

Sie organisierten Hilfe, als Anika selbst noch nicht dazu in der Lage war. "Ohne diesen Schritt wäre ich heute nicht hier [...] Therapie und Klinik haben mir letztlich das Leben gerettet."

Heute blickt Anika stolz auf ihren Weg zurück. Sie hat gelernt, dass Heilung kein gerader Prozess ist. "Es gab Rückfälle - und das ist okay. Rückfälle gehören dazu", betont sie.

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Dennoch hat sich ihr Umgang mit Essen grundlegend verändert. "Früher war Essen voller Regeln - heute ist es voller Genuss." Kochen und Backen sind inzwischen zu ihren Hobbys geworden.

"Manchmal hole ich mir ganz bewusst ein Stück Kuchen oder eine Torte, mache mir einen Kaffee und zelebriere diesen Moment wie ein kleines inneres Fest", so Anika.

Die 22-Jährige hat Frieden mit sich selbst geschlossen

Anika erzählte TAG24-Redakteurin Isabel Klemt, wie sich ihr Blick auf ihren eigenen Körper verändert hat.  © Norbert Neumann

Gerade in der Weihnachtszeit spürt Anika diesen Wandel besonders deutlich. "Ich gehe heute gern auf Weihnachtsmärkte, esse Plätzchen oder Schokofrüchte, ganz ohne schlechtes Gewissen."

Auch ihr Blick auf den eigenen Körper hat sich verändert. "Ich bin dankbar für ihn, dafür, dass ich laufen, wandern, reisen und atmen kann. […] Wenn mir heute eine Hose nicht mehr passt, kaufe ich mir einfach eine neue. Nicht ich muss der Hose passen, die Hose muss mir passen", betont sie.

Mit ihrer Geschichte möchte Anika anderen Mut machen. "Bitte sucht euch Hilfe, sprecht darüber, niemand muss da allein durch."

Sie ergänzt: "Seid geduldig mit euch. Heilung ist kein Zustand, sondern ein Prozess, und jeder kleine Schritt zählt."

Eine weitere Botschaft liegt ihr besonders am Herzen. "Wir sollten aufhören, andere Körper zu beurteilen. Du weißt nie, was ein Mensch gerade durchmacht. Körperkommentare, egal ob positiv oder negativ gemeint, können extrem verletzend oder triggernd sein."

Anika hat mittlerweile Frieden mit sich selbst geschlossen - und genau das wünscht sie allen, die gerade mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen. "Jeder Körper ist einzigartig und auf seine Weise perfekt", so die 22-Jährige.

Weitere Informationen und Hilfsangebote bei Essstörungen findet ihr auf der Website des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit.

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