Personalmangel in Dresden: Mit diesen Tricks finden Gastwirte neue Mitarbeiter

Dresden - "Mitarbeiter gesucht" oder "Wegen Krankheit geschlossen". Wer in Dresden und Umgebung unterwegs ist, dem fallen die vielen Schilder vor Cafés und Restaurants auf. Hinweise auf den Personalmangel in der Gastronomie. Doch nicht jeder Wirt sieht dem Aderlass in der Branche tatenlos zu ...

Selbst Kunden bewerben sich bei Andreas Hannig (41) um freie Stellen.
Selbst Kunden bewerben sich bei Andreas Hannig (41) um freie Stellen.  © Christian Juppe

"Der Andrang hält sich in Grenzen", beschreibt Andreas Hannig (41) nüchtern das Bewerberaufkommen in seiner Branche.

Der Systemgastronom betreibt das "Stückwerk Pizzakultur" in Striesen. Zwar hat er ausreichend Leute, doch das kann sich schon bald wieder ändern.

Seine Strategie: "Ich versuche, möglichst attraktive Löhne zu zahlen." Ihm ist ein gutes Miteinander wichtig: "Weil viele wissen, dass wir Freude bei der Arbeit haben, bekommen wir häufig Zuwachs aus dem Mitarbeiter-Umfeld oder sogar aus der Kundschaft."

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Ein gutes Arbeitsklima - darauf legt auch Annett Borgwardt (46) aus Tharandt großen Wert.

Sie leitet das "Bahnwärterhäuschen" an der Weißeritz, hat immer ein offenes Ohr für ihre Leute. "Ich spreche meinen Mitarbeitern gerne ein Lob aus. Ich glaube, so was kommt in der Arbeitswelt viel zu selten vor!" Diese Einstellung honorieren ihre Angestellten: Sie bleiben!

Annett Borgwardt (46) hat für ihre Köche André (42) und Alexander (43) immer ein offenes Ohr.
Annett Borgwardt (46) hat für ihre Köche André (42) und Alexander (43) immer ein offenes Ohr.  © Eric Münch
Ute Stöhr (53) stellt ihren Mitarbeitern bei Bedarf sogar einen Dienstwagen.
Ute Stöhr (53) stellt ihren Mitarbeitern bei Bedarf sogar einen Dienstwagen.  © Ove Landgraf

Auch Ute Stöhr (53) kann im Dresdner "Schießhaus" nicht über Personalmangel klagen. Bei ihr arbeiten die 32 Mitarbeiter selten über 36 Stunden pro Woche. Sie verteilt keine Doppeldienste, gibt jedes zweite Wochenende frei.

Und: Wer möchte, bekommt von ihr einen Dienstwagen gestellt. Ein seltenes Extra im Gastgewerbe. "Ich habe dadurch zwar niedrigere Gewinne, aber das ist es mir allemal wert."

Den gleichen Einsatz zeigt Carsten Rühle (53) vom Luisenhof. Jeden Tag schafft er an vorderster Front mit, sorgt für ein familiäres Betriebsklima. Beim traumhaften Ausblick über Dresden gesteht er:

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"Um die Kollegen zu halten, habe ich sie während des Lockdowns aus eigener Tasche unterstützt."

Und auch Nachwuchs lockt der gute Ruf des Hauses, denn gleich drei neue Azubis haben vor einer Woche ihre Lehre in Küche und Service begonnen.

Carsten Rühle (53) und Carolin Rühle-Marten (41) freuen sich über drei neue Azubis.
Carsten Rühle (53) und Carolin Rühle-Marten (41) freuen sich über drei neue Azubis.  © Eric Münch

Kommentar von Lennart Zielke

Bier trinkend, Cocktails schlürfend, Eis löffelnd sitzen sie auf dem Neumarkt. Die Krisen der Welt sind weit weg. Einheimische und Touristen genießen die schöne Seite des Lebens. Es sei ihnen gegönnt, denn der Winter kommt früh genug.

Doch woran viele der Gäste im Angesicht der knallenden Sommersonne nicht denken, ist die Tatsache, dass ihre kulinarischen Wünsche von immer weniger Händen und Schultern erfüllt werden. Der Gastronomie fehlt es an Arbeitskräften.

Allein im Pandemie-Jahr 2020 haben bundesweit rund 216.000 Beschäftigte ihren Job im Gastgewerbe aufgegeben. Kann man es verübeln? Angesichts von Teil- und Doppelschichten, miesen Arbeitszeiten und sehr niedrigen Gehaltsaussichten ist die Misere von manchem Zapfer wohl auch hausgemacht.

Es lohnt der Blick zur Konkurrenz! Denn immer mehr Wirte trauen sich trotz finanziellen Mehraufwands, ihre Arbeitsbedingungen der modernen Berufswelt anzupassen. Neben fairer Bezahlung gehören dazu auch flache Hierarchien und gegenseitiger Respekt. Der Ton macht die Musik.

Und so lässt sich auch Nachwuchs für die Branche begeistern. Einen Vorgeschmack dafür liefert das laufende Jahr: Bisher zählte die Branche 621 abgeschlossene Ausbildungsverträge - ein Plus von mehr als 40 Prozent im Vergleich zu 2021.

Titelfoto: Montage: Christian Juppe, Eric Münch (2), Ove Landgraf

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