Ein Fass mit immer tieferem Boden? Sozialbereich braucht weitere Millionenspritze
Dresden - Die Kosten für Sozialleistungen wachsen der Stadt über den Kopf. Erst im September stimmte der Stadtrat Mehrausgaben im Umfang von 57,3 Millionen Euro zu. Nun steht fest, dass das Rathaus bis zum Jahresende noch mehr Kohle braucht.
Insgesamt geht es um weitere 21 Millionen Euro. Ein Kostentreiber ist unter anderem die Unterbringung von Personen nach Sozialgesetzbuch II, darunter fallen Leistungen für die Empfänger von Bürgergeld.
"Aufwandserhöhend", listet die Verwaltung auf, wirken "Betriebskostennachzahlungen sowie Erhöhungen der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen seitens der Vermieter", sprich: gestiegene Ausgaben für Heizung und Warmwasser. Diese zusätzlichen Aufwendungen sind laut der Vorlage "unabweisbar", die Stadt muss also für die Bedürftigen zahlen.
Ein Großteil der Mehrkosten (18,3 Millionen Euro) ist ungedeckt, wird bestenfalls durch ungeplante Mehreinnahmen zum Jahresabschluss aufgefangen.
Passiert das nicht, hat das Folgen für den Gesamthaushalt: Es werde derzeit ein "voraussichtlicher ungedeckter Zahlungsmittelbedarf" in Höhe von minus 44,8 Millionen Euro prognostiziert, lässt OB Dirk Hilbert (53, FDP) ausrichten. Die Vorlage soll im November vom Rat beschlossen werden.
Diese sozialen Projekte in Dresden sind massiv gefährdet
Schlechte Nachrichten für Dutzende Sozialprojekte in Dresden: Für eine Weiterfinanzierung im kommenden Doppelhaushalt fehlen Sozialbürgermeisterin Kristin Klaudia Kaufmann (48, Linke) rund vier Millionen Euro.
Das teilte sie jüngst auf Anfrage von Linken-Stadträtin Anja Stephan (48, Linke) mit. Wen treffen die Kürzungen konkret? Unter anderem die "ABC-Tische" im Albertinum, an denen seit 2015 Deutsch mit Flüchtlingen trainiert wird. Seit Juni 2023 finanziert die Stadt das Projekt mit jährlich rund 86.000 Euro. Wie lange noch? Leiterin Claudia Nikol (49) besorgt: "Ich bin für einen achtsamen Umgang mit Steuergeld. Aber bei Integration zu kürzen, ist der falsche Ansatz."
"Wie lange noch?", fragt sich auch der "Interkulturelle Gemeinschaftsgarten Prohlis", der seit 2017 mit Migranten, Flüchtlingen und Prohlisern Obst und Gemüse anbaut. Dafür gab es dieses Jahr knapp 80.000 Euro städtische Zuschüsse für Personal und Sachkosten.
"Wir hatten eigentlich auf eine Regelförderung gehofft", sagt Projektleiterin Caroline Knoblich (38).
Streetwork-Projekt "SafeDD" soll gestrichen werden
Auch im Gesundheitsbereich förderte die Sozialbürgermeisterin bis dato zahlreiche Projekte, die jetzt "ersatzlos gestrichen" werden sollen - darunter das Streetwork-Projekt "SafeDD", das mit Obdachlosen und Drogensüchtigen arbeitet, noch 2024 knapp 500.000 Euro Förderung erhielt.
Wohl nicht im kommenden Haushaltsentwurf: "Wenn es uns nicht mehr gibt, werden an kritischen Orten Konflikte zunehmen und existenzielle Notlagen weiter explodieren", kritisiert "Safe DD". Das letzte Wort hat der Stadtrat.
Titelfoto: Bildmontage: Pics-Stock, Eric Münch