Kosten-Ärger wegen Terror-Sperren in Dresden: Veranstalter lassen jetzt die Anwälte ran
Dresden - Um Feste und Märkte besser vor möglichen Amokfahrten abzusichern, rüstet auch Dresden seinen Schutz auf. Doch der Einsatz von Terrorsperren kostet viel Geld. Das Rathaus beteiligt nun die Veranstalter an den Kosten, worüber die verärgert sind und jetzt teils auch dagegen vorgehen.
Alles in Kürze
- Dresden rüstet mit Terrorsperren auf.
- Veranstalter müssen Kosten für Logistik übernehmen.
- Stadt und Veranstalter streiten über Kostenübernahme.
- Erstes Widerspruchsverfahren ist in Bearbeitung.
- Veranstalter wollen juristische Klärung durch Anwälte.

Für 1,85 Millionen Euro hat Wirtschaftsbürgermeister Jan Pratzka (53, CDU) im Juni weitere mobile Zufahrtssperren bestellen lassen. Die bestehende abstrakte Gefährdungslage erfordere den Ausbau des Zufahrtsschutzes im öffentlichen Raum, hieß es dazu in seiner Vorlage.
Neben städtischen Veranstaltungen wie Striezelmarkt oder dem in Konzession vergebenen Stadtfest, bei denen die Verwaltung komplett für die Schutzkosten aufkommt, müssen zunehmend auch privat organisierte Veranstaltungen mit mobilen Pollern und Co. gesichert werden.
"Die Stadt richtet sich in ihrer eigenen Gefahrenbeurteilung dabei maßgeblich nach den Empfehlungen der Polizei", so ein Rathaussprecher.
So mussten etwa auch Dixieland, Elbhangfest oder auch der Neustädter Frühling auf der Hauptstraße mit Zufahrtssperren gesichert werden.
Stadt verlangt Kostenübernahme für Logistik und die Betreuung der Sperrelemente

Laut Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen (59, Grüne) ist der Veranstalter für das Sicherheitskonzept - inklusive Zufahrtsschutzkonzept - verantwortlich.
"Soweit sich das Zufahrtsschutzkonzept mit den stadteigenen Materialien abbilden lässt, werden diese entgeltfrei zur Verfügung gestellt", so ein Stadtsprecher. Aber: "Die Kosten für die Logistik und die Betreuung der Sperrelemente müssen vom Veranstalter getragen werden."
Das lehnen jedoch die meisten ab. Für den Neustädter Frühling kamen etwa Kosten in Höhe von rund 2500 bis 3000 Euro zusammen, was laut Veranstalter Frank Schröder (56) für die Wirtschaftlichkeit "kriegsentscheidend" sei. Er habe nur unter Vorbehalt bezahlt, behält sich Rückforderungen vor.
Denn: In Sachsen gebe es dafür keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, so CDU-Stadtrat Steffen Kaden (54). "Grundsätzlich sind die kommunalen Polizeibehörden für vorbereitende und organisatorische Gefahrenabwehrmaßnahmen zuständig."
Veranstalter der Filmnächte wollen juristische Klärung

Das Rathaus spricht stattdessen von einer "dynamischen Rechtslage". "Noch fehlen hierzu einschlägige Urteile für die aktuelle Lage in Sachsen", lässt Jähnigen mitteilen.
Das dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein: Ein erstes Widerspruchsverfahren ist bereits in Bearbeitung.
Stadtrat Matteo Böhme (43, Team Zastrow) spricht von einem "Vertrauensverlust". Die öffentliche Hand müsse auf Augenhöhe mit den Veranstaltern an einen Tisch, um Unsicherheiten zu lösen.
Auch die Filmnächte, die alle Schutzauflagen erfüllt haben, Transport und Kosten für Zufahrtssperren ihrer Konzerte zunächst übernehmen, streben jetzt eine grundsätzliche Klärung an, haben ihre Anwälte eingeschaltet.

Kommentar: Mehr Laster statt Poller

Von Hermann Tydecks
Ja, unsere Welt ist eine andere als noch vor 20 oder 30 Jahren. Die "Unbekümmertheit", von der insbesondere ältere Generationen sprechen, ist so nicht mehr da. Während wir in den 1990er- und 2000er-Jahren noch ohne Sorgen Musik-Festivals, BRN oder Striezelmarkt besuchen konnten, müssen wir uns heute mit Terrorsperren und Co. auseinandersetzen.
Die Entwicklung kann man bedauern. Sie ist aber nun mal da, betrifft quasi alle westlichen Länder. Wie Dresden damit allerdings umgeht, finde ich nicht in Ordnung.
Für Terror-Abwehr ist der Staat zuständig. Ein privater Veranstalter kümmert sich um die interne Sicherheit seines Festes oder Marktes, bezahlt Security-Kräfte, stellt von mir aus einen Zaun auf. Um die Abwehr möglicher Amokfahrten sollten sich jedoch die Behörden kümmern.
Oder wie es etwa das Berliner Verwaltungsgericht bereits 2019 klarstellte: "Nicht in den Verantwortungsbereich des Veranstalters fallen hingegen präventive Maßnahmen zur Abwehr der abstrakten Gefahr terroristischer Angriffe, die sich 'von außen' gegen die Veranstaltung und deren Besucher richten."
Warum das in Dresden anders sein sollte, erschließt sich mir nicht. Kein Wunder, dass sich erste Veranstalter jetzt gegen die Stadt wehren. Zumal es womöglich weder notwendig noch verhältnismäßig ist, überall zertifizierte und damit sehr teure Elemente aufzustellen.
Sogar Innenminister Armin Schuster (64, CDU) empfahl OB Dirk Hilbert (53, FDP) in einem Schreiben, alternative Lösungen zu erörtern, wenn sich eine "vollständige Umsetzung der geforderten Maßnahmen", etwa aus finanziellen oder praktischen Gründen, als nicht realisierbar erweisen sollte. Heißt: Statt teurem Hightech-Schutz als Weg-Blockade tut's vielleicht auch ein Laster.
Titelfoto: Holm Helis