Neue Umweltgebühr verärgert Dresdens Bäcker: Das kommt jetzt auf den Stollen zu

Dresden - Eine Kaffeetafel ohne duftenden Christstollen zur Weihnachtszeit? In Dresden undenkbar. Doch das Umweltbundesamt versteht den Zauber unseres Festgebäcks nicht. Es definiert 750 Gramm schwere Stollen neuerdings als profane Zwischenmahlzeit, will Stollenbäcker mit einer Extra-Plastikgebühr belasten. Das Bäckerhandwerk tobt!

Was gibt es Besseres als Christstollen in gemütlichem Ambiente? (Symbolfoto)
Was gibt es Besseres als Christstollen in gemütlichem Ambiente? (Symbolfoto)  © dpa-Zentralbild

Bäckermeister Andreas Wippler (47) ist als Vorstand des Dresdner Stollenschutzverbands (vertritt rund hundert Bäckereien und Konditoreien) bestens vernetzt. Er sagt: "Meine Kollegen und ich schütteln ob dieser Entscheidung nur den Kopf. Wer isst schon einen ganzen Stollen als Zwischenmahlzeit?"

Zur Vermeidung von Plastikmüll hat das Umweltbundesamt Stollen mit satten 750 Gramm Gewicht vor wenigen Wochen aber als genau solche eingestuft. Jetzt fallen sie unter das "Einwegkunststofffondsgesetz" und werden mit einer Einweg-Verpackungssteuer belegt.

Ein 750-Gramm-Stollen könne durchaus "sofort" und "direkt aus der Verpackung" verzehrt werden: "Es reicht allein die objektive Möglichkeit und mithin das Risiko eines Unterwegs-Verzehrs", schreibt das Amt in schönstem Behördendeutsch und verweist auf EU-Recht.

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Vergangenes Jahr hatte ein Expertengremium noch vor dieser Einstufung gewarnt, weil Stollen dieses Formats "zu groß" zum Sofortessen seien. Das war der Amtsspitze egal.

Der Vorsitzende des Stollenschutzverbands, Andreas Wippler (47), stemmt sich gegen die Regelung.
Der Vorsitzende des Stollenschutzverbands, Andreas Wippler (47), stemmt sich gegen die Regelung.  © Tobias Ritz
Einen Bürokratie-Wust und Preisanstieg bei Stollen befürchtet Handwerkskammer-Chef Andreas Brzezinski (56).
Einen Bürokratie-Wust und Preisanstieg bei Stollen befürchtet Handwerkskammer-Chef Andreas Brzezinski (56).  © Ove Landgraf
EU und Umweltbundesamt nehmen Einwegplastik um Stollen ins Visier. (Symbolfoto)
EU und Umweltbundesamt nehmen Einwegplastik um Stollen ins Visier. (Symbolfoto)  © dpa-Zentralbild
Anfang August fällte das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau die Entscheidung.
Anfang August fällte das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau die Entscheidung.  © Imago/CHROMORANGE
Stollenbacken ist echtes Handwerk. (Symbolfoto)
Stollenbacken ist echtes Handwerk. (Symbolfoto)  © picture alliance/dpa

Muss Stollen wirklich in Plastikfolie?

Das letzte Stollenfest im Dezember zählte rund 60.000 Besucher, so beliebt ist das Gebäck bei den Dresdnern.
Das letzte Stollenfest im Dezember zählte rund 60.000 Besucher, so beliebt ist das Gebäck bei den Dresdnern.  © imago/jmfoto

Jetzt sollen sich Bäcker registrieren, um weiterhin 750-Gramm-Stollen verkaufen zu dürfen und bei Nutzung von Plastikfolie draufzahlen - rund 0,35 Cent pro Stollen, schreibt ein Sprecher der Behörde auf TAG24-Anfrage. Klingt winzig, aber auch das läppert sich. Hinzu kommt der bürokratische Mehraufwand.

Beim Chef der Handwerkskammer Dresden, Andreas Brzezinski (56), stößt der Vorgang auf glattes Unverständnis: "Dieser Bürokratie-Unsinn muss weg! Das ist ein neues Paradebeispiel für die realitätsferne Umsetzung einer EU-Regelung in Deutschland", poltert er gegenüber TAG24.

Könnten Betriebe nicht einfach auf Plastik als Stollenverpackung verzichten? So empfiehlt es das Umweltbundesamt. "In Folie hat Stollen die besten Lagerbedingungen. Damit die charakteristische Butter-Zucker-Kruste entsteht, muss er luftdicht verschlossen sein", hält Bäcker Wippler dagegen.

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Und wenn Bäcker aufhören würden, Stollen dieser Gewichtsklasse zu backen? Der Vorsitzende des Stollenschutzverbandes meint: "Heute ist es der Stollen mit 750 Gramm Gewicht, morgen die 1-Kilo-Variante. Das ist sinnloser Aktionismus. Es geht ums Prinzip!"

Titelfoto: Bildmontage: picture alliance/dpa, Tobias Ritz

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