Staatliche Kunstsammlungen Dresden haben neuen Direktor: Bernd Ebert verrät seine Pläne
Dresden - Vielgestaltiger als er ist wohl kaum je ein Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) ausgebildet worden: Bernd Ebert, promovierter Kunsthistoriker aus Berlin, geboren 1972, lernte Bankkaufmann in Dresden, bevor er in Bonn Kunstgeschichte, Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre studierte.

Stationen seiner Karriere sind zum Beispiel New York (MET), Johannesburg (Newtown Galleries) oder Kapstadt (National Gallery of South Africa, Irma Stern Museum). Von 2005 bis 2013 war er bei den Staatlichen Museen zu Berlin wissenschaftlicher Museumsassistent und wissenschaftlicher Referent des Generaldirektors.
Als solcher war er involviert in die große Ausstellung "Die Kunst der Aufklärung" 2011/2012 im Chinesischen Nationalmuseum in Peking und arbeitete zusammen mit den damals von Generaldirektor Martin Roth (†62) geleiteten SKD.
Ab 2013 war er Sammlungsleiter für die Holländische und Deutsche Barockmalerei an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Mit Vertrag bis 30. Juni 2033 ist Bernd Ebert seit gestern neuer Generaldirektor der SKD.
TAG24: Herr Ebert, Ihre Amtszeit in Dresden begann gestern, am 1. Mai. In welchem Maß waren Sie in den Wochen seit Ihrer Ernennung Anfang März schon mit den Angelegenheiten der SKD beschäftigt?
Bernd Ebert: Seit dem 4. März stand ich in engem Austausch mit dem derzeit amtierenden Generaldirektor, der kaufmännischen Direktorin sowie den Mitarbeitern der Staatlichen Kunstsammlungen, um mich intensiv in die unterschiedlichen Themen einzuarbeiten.
Ebert will SKD international noch bekannter machen

TAG24: Haben Sie schon eine Heimstatt gefunden in Dresden?
Bernd Ebert: Mir ist es sehr wichtig, als Generaldirektor in dieser wunderschönen Stadt zu leben, und ich habe mich entschlossen, gleich zu Dienstbeginn hierherzuziehen. Dresden wird mein Zuhause sein. Ich kehre ja gewissermaßen zurück, denn ich habe meine Lehrzeit bereits hier verbracht.
TAG24: Die Aufgaben, die bei den SKD auf Sie zukommen, betreffen die großen strategischen Linien, in denen ein Museumsverbund notwendigerweise agiert, wie auch die konkreten Probleme der einzelnen Einrichtungen. Ihr Vor-Vor-Vorgänger Martin Roth hat zu seiner Zeit die SKD weltweit etabliert, Ihre direkte Vorgängerin Marion Ackermann die Türen nach Osteuropa weiter aufgestoßen und auch jene in Sachsens Regionen, außerdem zwei neue Museen eröffnet. Welche strategische Ausrichtung schwebt Ihnen vor?
Bernd Ebert: Mit Martin Roth, mit dem ich eng zusammengearbeitet habe, teile ich die Überzeugung, dass Kunst Brücken bauen und Menschen und Länder miteinander verbinden kann. Es ist mein erklärtes Ziel, von den Kunstobjekten her zu denken, die SKD und ihre Sammlungen international noch bekannter zu machen und die Zusammenarbeit mit anderen großen Kultureinrichtungen weiter zu intensivieren.
Aber auch regional wollen wir stärker ausstrahlen. Wichtig ist mir, dass die SKD eine forschende Einrichtung ist; die Forschung an und mit den Sammlungen möchte ich intensivieren. Und drittens möchte ich gemeinsam mit den Sammlungsleitern an Fragen der Präsentation, des Storytellings arbeiten und die Angebote für unterschiedliche Besuchergruppen weiter ausbauen.
Nach meinen Erfahrungen in München wird dies auch in Dresden mein Ansatz sein: Kunstwerke aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten und intensiv auch mit anderen Institutionen zusammenarbeiten, wie etwa den Universitäten und anderen Kultureinrichtungen in Dresden. Ich möchte künftig die sammlungs- wie fächerübergreifende Zusammenarbeit explizit fördern.
Zentraldepot könnte mit Forschungszentrum kombiniert werden
TAG24: Der Verbund der SKD ist über die Zeit auf 15 Museen angewachsen. War es das oder sind weitere Neugründungen denkbar?
Bernd Ebert: Unter Marion Ackermann sind zwei bedeutende Schenkungen an die SKD gekommen (gemeint sind die Schenkung Sammlung Hoffmann und das Archiv der Avantgarden, Red.). Sie bergen wie jede Schenkung auch eine Verpflichtung für die SKD als Museumsverbund: die Aufgabe, sie sorgsam und sicher zu bewahren und zu schützen und zugleich nach Möglichkeit auch auszustellen. Museen sind nicht statisch, sie brauchen Zuwächse, doch mit jedem Zuwachs gehen auch eine große Verantwortung und ein Konsolidierungsauftrag einher. Dessen sind wir uns bewusst und werden wie bisher verantwortungsvoll sammeln.
TAG24: Einige der SKD-Museen beklagen akute Raumnot. Dem Gerhard-Richter-Archiv ist ein dritter Raum versprochen, das Japanische Palais steht den SKD nach gegenwärtigem Stand nur bis 2027 zur Verfügung, das Kunstgewerbemuseum in Pillnitz muss saniert werden, um weiter genutzt werden zu können. Offen ist außerdem die Frage nach dem Zentraldepot, nicht zuletzt damit die Werke der Schenkung Sammlung Hoffmann komplett aufgenommen werden können. Sind das Probleme, die sich in den acht Jahren Ihres Vertrages werden lösen lassen?
Bernd Ebert: Jetzt würde ich gerne in eine Glaskugel sehen können. Scherz beiseite: Dass wir ein Zentraldepot benötigen, weiß auch der Freistaat. Das ist ein Thema, das wir zügig angehen müssen. An einem solchen Aufbewahrungsort für die Objekte sehe ich im Übrigen auch sammlungsbezogene Forschung verortet. Warum nicht ein Forschungszentrum im Zentraldepot?
Wir werden uns hier zeitnah einige erfolgreiche Vergleichsbeispiele im In- und Ausland anschauen, um für Dresden die bestmögliche Lösung zu erarbeiten. Und Pillnitz ist zwar geschlossen, aber das Kunstgewerbemuseum zeigt seine Jahresausstellung über das Handwerk im Japanischen Palais. Wir werden viele Gespräche führen.
Suche nach neuem Direktor noch im vollen Gange

TAG24: Verglichen mit anderen großen Museen in Deutschland wie international, zuletzt bei der Caspar-David-Friedrich-Ausstellung spürbar, hängen die SKD in Sachen digitaler Technik ziemlich zurück. Handy-Apps, die die Besuchenden einfach und informativ durch eine Ausstellung leiten, sind zum Beispiel oft noch eine Seltenheit. Warum ist das so?
Bernd Ebert: Meine Wahrnehmung ist eine andere: Auch im Vergleich mit anderen großen Museumsinstitutionen hinken die SKD mit ihren digitalen Angeboten keineswegs hinterher, sondern setzen seit Jahren Maßstäbe, auch und gerade bei Besucherangeboten. Das hat zuletzt die Ausstellung "Caspar David Friedrich. Wo alles begann" mit ihrer interaktiven Landkarte der berühmten sächsischen Motive des Künstlers auf "voices" bewiesen. Auf der Website arbeiten wir teilweise schon mit KI und selbst Verwaltungsvorgänge sollen künftig KI-gestützt optimiert werden. Die SKD haben bereits mehrere Apps entwickelt, mobile Anwendungen wie unsere Audioguides erachten wir auch nach Auswertung von Besucherumfragen für komfortabler und publikumsfreundlicher.
TAG24: Noch offen ist die Neubesetzung der Direktorenstelle bei den SES. Die erste Ausschreibung blieb erfolglos. Gibt es eine neue Entwicklung?
Bernd Ebert: Wir sind uns dessen bewusst, dass die Dringlichkeit in dieser Sache hoch ist. Eine erneute Ausschreibung ist auf den Weg gebracht. Wir sind zuversichtlich, dass die Ethnographischen Sammlungen schon zeitnah von einer herausragenden Persönlichkeit geleitet werden, um diese für die Identität der Staatlichen Kunstsammlungen so bedeutenden drei Museen erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Trotz knapper Kassen will Ebert Angebot für Besucher hochhalten
TAG24: Sie übernehmen die SKD in Zeiten klammer Kassen. Der Doppelhaushalt 2025/2026 nimmt Kürzungen im Sachkostenhaushalt vor, auch die Prognosen für den Doppelhaushalt 2027/2028 sind nicht rosig. Wie viel Geld weniger haben die SKD 2025/2026 zur Verfügung, und was bedeutet das für die anstehenden Aufgaben (auch die hier genannten)?
Bernd Ebert: Der Haushalt liegt derzeit als Regierungsentwurf vor, der erst noch beschlossen werden muss. Dennoch setzen wir uns bereits jetzt sehr ernsthaft mit der Situation auseinander und gehen aktiv damit um. Wichtig ist mir, dass wir trotz zu erwartender Einsparungen das Angebot für die Besucherinnen und Besucher aufrechterhalten und, soweit möglich, künftig erweitern. Wir werden alles dafür tun, dass die aktuell verringerten Öffnungszeiten künftig wieder erweitert werden.
Der Exzellenzanspruch der SKD ist sehr hoch. Und zwar nicht allein bei der wissenschaftlichen Erschließung und Vermittlung der Sammlungen, sondern auch bei deren Präsentation. Ich versichere Ihnen, dass wir alles dafür tun werden, diesen hohen Standard zu halten und dabei die Angebote für Besucherinnen und Besucher noch stärker an deren unterschiedlichen Bedürfnissen auszurichten. Neben der großen Anzahl von Touristen werden wir uns dabei auch und ganz besonders dem lokalen Publikum zuwenden.
Titelfoto: Eric Münch