Vom Dresdner Schauspiel zur Hauptrolle im Tatort: Luise Aschenbrenner im TAG24-Interview

Dresden - Noch mehr Dresden als sonst steckt diesmal im neuen "Tatort" aus Dresden: In "Rettung so nah" gibt es nicht nur viel von der Stadt zu sehen, die Hauptrolle spielt zudem die aus dem Dresdner Schauspiel bekannte Luise Aschenbrenner (25).

Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner, 25) versucht das Leben eines Notfallopfers zu retten.
Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner, 25) versucht das Leben eines Notfallopfers zu retten.  © MDR/MadeFor/Hardy Spitz

Die gebürtige Münchnerin ist seit 2017 festes Ensemblemitglied am Staatsschauspiel und dort in den großen Inszenierungen zu sehen - "Erniedrigte und Beleidigte" oder "Kabale und Liebe".

Im "Tatort" spielt sie nun als Rettungssanitäterin Greta Blaschke ihre erste TV-Episoden-Hauptrolle!

Während eines Einsatzes am Elberadweg wird Gretas Kollege ermordet, weitere Anschläge folgen. Die junge, alleinerziehende Mutter glaubt sich verfolgt. Verdächtige gibt es viele.

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Der klassische Ermittler-Krimi gibt Luise Aschenbrenner an diesem Sonntag (20.15 Uhr, ARD) viel Raum für das Porträt einer Frau in Angst, die mit Schuldgefühlen kämpft. Im Interview verrät sie TAG24, wie der Dreh in Dresden trotz Corona so ablief.

TAG24: Frau Aschenbrenner, was hat Sie gereizt, diese Rolle zu spielen? Laut Presseheft war es unter anderem schon der Rollenname Greta Blaschke. Was hat der für Assoziationen bei Ihnen ausgelöst?

Luise Aschenbrenner: "Der Name hat mir die Figur sofort nahbar gemacht. Ich hatte das Gefühl, Greta könnte im dritten Stock bei mir im Haus wohnen. Eine junge arbeitende, alleinerziehende Mutter. Die Greta Blaschke eben. Wer denn sonst?

Aus Dresden natürlich. Vielleicht nicht aus der Neustadt, die wäre ihr wahrscheinlich zu teuer. Aber in der Altmarkt-Galerie ist man ihr bestimmt schon Mal über den Weg gelaufen. Dann ist sie in die 1 am Postplatz gestiegen und am Albert-Wolf-Platz wieder ausgestiegen, um ihr Kind vom Kindergarten abzuholen. Jedenfalls so hab ich mir das vorgestellt."

Luise Aschenbrenners Rolle ist "auf eine unbesondere Weise besonders"

Greta Blaschke muss sich einen Vortrag von Einsatzstellenleiter Peter Fritsche (Torsten Ranft, 60) anhören.
Greta Blaschke muss sich einen Vortrag von Einsatzstellenleiter Peter Fritsche (Torsten Ranft, 60) anhören.  © MDR/MadeFor/Daniela Incoronato

TAG24: Was ist darüber hinaus das Besondere an dieser Figur?

Luise Aschenbrenner: "Ich mag es, dass Greta auf eine unbesondere Weise besonders ist. Sie ist bodenständig, arbeitet viel, hat eine Tochter, eine kleine Wohnung, zahlt regelmäßig ihre Miete und guckt abends gerne eine Serie, wenn sie freihat. Und trotzdem, auf den zweiten Blick sind da viele Feinheiten, die sie einzigartig machen.

Erst mal finde ich es toll, dass man eine Frau zu sehen bekommt, die in einem eher männerdominierten und auch körperlich anspruchsvollen Beruf arbeitet. Die sich dazu berufen fühlt, Menschen zu helfen. Die versucht, Kind und Arbeit als alleinerziehende Mutter unter einen Hut zu bekommen. Die Ängste hat und sich trotzdem nicht davor scheut, sich ihnen zu stellen."

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TAG24: Sie haben zur Vorbereitung Zeit in einer Rettungswache verbracht. Wie wichtig sind solche Recherche-Erfahrungen?

Luise Aschenbrenner: "Ich finde, für solche Erfahrungen kann man sich gar nicht genug Zeit nehmen. Vor allem je spezifischer der Beruf ist, den man spielt. Ich konnte leider nur einen Tag bei den Kollegen und Kolleginnen hier in Dresden verbringen, durfte mir alles anschauen, Fragen stellen. Alle haben sich wirklich viel Zeit genommen. Das war sehr wichtig für mich, um ein Gefühl für Gretas beruflichen Alltag zu bekommen."

Beim Tatort-Dreh ist vieles "natürlich ganz anders" als auf der Theater-Bühne

Die Kommissare Gorniak (Karin Hanczewski, 39, r.), Schnabel (Martin Brambach, 53) und Winkler (Cornelia Gröschel, 33) ermitteln in Dresdner Kulisse.
Die Kommissare Gorniak (Karin Hanczewski, 39, r.), Schnabel (Martin Brambach, 53) und Winkler (Cornelia Gröschel, 33) ermitteln in Dresdner Kulisse.  © MDR/MadeFor/Daniela Incoronato

TAG24: Thema des Films ist der harte Arbeitsalltag von Sanitätern und Rettungskräften, gerade jetzt, wo sie immer öfter wachsenden Aggressionen ausgesetzt sind. Was konnten Ihnen die Kollegen darüber erzählen?

Luise Aschenbrenner: "Der Rettungsdienst setzt sich bei jedem Einsatz einem Risiko aus, weil man natürlich nie weiß, was einen genau erwartet. Man trifft ja meist in "Extremsituationen" auf Menschen, die oft emotional aufgewühlt sind. Angst um den Partner, zu viel Alkohol oder Drogen, Panikattacken, Schlägereien, das alles sind ja Gründe, die 112 zu wählen.

Jedoch waren die Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, relativ nüchtern und den Problemen gewachsen. Es gibt zum Beispiel einen psychologischen Ansprechpartner und man hat einen starken Zusammenhalt innerhalb der Wache. Ich habe einen großen Respekt vor dem, was dort geleistet wird."

TAG24: Sie sind extrem präsent im Film, vor allem durch viele, ungewöhnlich lang gehaltene Großaufnahmen. Am Theater kommt es hingegen auf vollen Körpereinsatz an. War diese Nähe eine besondere Herausforderung?

Luise Aschenbrenner: "Wenn man darum weiß, eigentlich nicht. Man muss sich einfach nur darüber bewusst sein, dass man 'viel weniger' machen muss. In einer Nahaufnahme kann schon eine minimale Veränderung in den Augen eine emotionale Geste ausdrücken. Das ist natürlich ganz anders auf der Bühne, da muss man alles größer denken, man benutzt viel mehr den Körper, damit man die Leute auch noch in der letzten Reihe erreichen kann.

Dafür bekommt man eigentlich in der Praxis relativ schnell ein intuitives Gefühl. Außerdem hatte ich eine wunderbare Regisseurin, der ich vertrauen konnte. Wenn etwas zu viel war, dann hat es mir Isabel Braak schnell gesagt."

Corona hat die Tatort-Dreharbeiten zusätzlich erschwert

Für ihre Schauspiel-Karriere schlüpft Luise Aschenbrenner auch mal in ungewöhnliche Rollen.
Für ihre Schauspiel-Karriere schlüpft Luise Aschenbrenner auch mal in ungewöhnliche Rollen.  © instagram.com/ash_is_burning

TAG24: Sie haben schon häufiger kleinere Rollen in Filmen gespielt, auch im "Tatort". Diesmal ist es die Episodenhauptrolle. Normalerweise haben fest engagierte Theaterschauspieler für solche längeren Dreharbeiten keine Zeit. Wie kam’s also zu diesem Engagement?

Luise Aschenbrenner: "Das waren viele glückliche Gegebenheiten, die zusammengespielt haben. Ich habe mit dem Theater gesprochen, wir haben die Termine so gelegt, dass es sowohl der Produktionsfirma als auch dem Theater entgegenkam.

Das wäre dann eigentlich relativ unkompliziert geworden, aber leider kam dann sieben Tage nach Drehbeginn der erste Lockdown, alles wurde komplizierter, wir mussten abbrechen, schieben und in mehreren Häppchen weiter im Mai und Juni drehen. Das war ein ewiges Hin und Her."

TAG24: Gab’s Unruhe, den Film zu Ende bringen zu können?

Luise Aschenbrenner: "Klar. Der Lockdown hat ja jeden von uns getroffen. Jeden unterschiedlich, aber ich denke, alle waren erst mal überfordert. Trotzdem haben wir das alles gut über die Bühne gebracht - das muss ich als Theaterschauspielerin so sagen.

Und ich hatte super Unterstützung: eine nichts aus der Ruhe bringende Regisseurin, einen tollen Kameramann, eine liebenswerte Produktion, sehr nette Kollegen und Kolleginnen vor und hinter der Kamera und natürlich meine Freunde, die mich in diesem Stress unterstützt haben. Ich bin allen sehr dankbar."

TAG24: Haben Corona-Maßnahmen den Dreh sehr erschwert?

Luise Aschenbrenner: "Auf jeden Fall. Wie in jedem Beruf nehme ich mal an. Aber dank guter Vorbereitung, viel Liebe und Leidenschaft, ist das alles die meiste Zeit in den Hintergrund getreten, und ich konnte mich trotzdem gut auf das Spielen konzentrieren. Es war einfach ein schwieriges, forderndes Jahr. Aber die Dinge kommen halt so, wie sie kommen. Hauptsache, wir haben die Herausforderung am Ende gemeistert."

Luise Aschenbrenner will PlayStation zocken, statt ihren "Tatort" zu sehen

In ihrer Freizeit geht Luise Aschenbrenner offenbar gerne mal auf Spaziergänge durch Dresden - wenn sie nicht gerade zu Hause PlayStation zockt.
In ihrer Freizeit geht Luise Aschenbrenner offenbar gerne mal auf Spaziergänge durch Dresden - wenn sie nicht gerade zu Hause PlayStation zockt.  © instagram.com/ash_is_burning

TAG24: Staatsschauspiel-Kollege Torsten Ranft spielt auch mit, eine Dialogszene haben Sie beide allein. Für hiesige Theater-Gänger ein Déjà-vu, mussten Sie beide darüber flachsen?

Luise Aschenbrenner: "Aber natürlich. Das tun wir immer noch. Torsten ist sowieso ein herzensguter Kollege, mit dem es mir jedes Mal eine Freude ist, auf der Bühne zu stehen. Das ändert sich auch nicht, wenn wir nicht auf der Bühne sind, beim Drehen ist das genauso schön."

TAG24: Im Theater erreichen Sie am Abend mehrere Hundert Zuschauer, nun werden Ihnen womöglich zehn Millionen Menschen zusehen. Macht Sie das vor der Ausstrahlung ein bisschen kribbeliger als sonst?

Luise Aschenbrenner: "Tatsächlich spürt man das bei einem Film nicht so stark wie im Theater. Ich bekomme ja die Reaktionen der Zuschauer nicht unmittelbar mit. Im Theater ist das ganz anders, da merkt man sofort, wenn etwas nicht funktioniert. Klar, angespannt ist man bei so was immer. Ich müsste lügen, wenn ich Nein sagte.

Sagen wir es mal so: Gedreht ist er sowieso, gesehen habe ich den Film auch schon, und was die Leute sagen, wird sich zeigen. Ich werde es mir jedenfalls am Sonntag ganz entspannt mit meinem Freund vor der Playstation gemütlich machen, Metal Gear Solid spielen und mich ablenken. Ich übe mich 2021 in Gelassenheit!"

TAG24: Ende 2020 hätten Sie als Dorothy im "Zauberer von Oz" am Staatsschauspiel das ganz große Familienpublikum gehabt, das ist durch die Schließung ausgefallen. Wie sehr grämt Sie das?

Luise Aschenbrenner: "Ich bin dankbar, dass ich bisher so unbeschadet durch diese ganze aufreibende Zeit gekommen bin. Ich habe eine Wohnung, ich habe einen festen Arbeitsplatz, ich kann irgendwann bestimmt wieder Vorstellungen spielen, und ich habe liebenswerte Menschen um mich herum, die bisher alle gesund sind. Da lasse ich dem Gram keinen Platz."

Der Dresden-"Tatort" mit Luise Aschenbrenner läuft am kommenden Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.

Titelfoto: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

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