Zwangsehe in Syrien: Vater und Bruder nach Entführung von Tochter wieder auf freiem Fuß
Erfurt - Ende Januar wurde in Erfurt eine 16-Jährige von ihrem Vater und Bruder entführt. Drei Monate später sind die tatverdächtigen Familienmitglieder des syrischen Mädchens wieder auf freiem Fuß.

Laut Angaben der Staatsanwaltschaft habe das für die Untersuchungshaft zuständige Erfurter Landgericht keinen Grund für eine weitere Inhaftierung des Vaters und des Bruders gesehen, wie der Mitteldeutsche Rundfunk berichtet.
Die Staatsanwaltschaft ermittle aber weiter, heißt es. Unter anderem wegen Freiheitsberaubung. Beide Männer saßen seit Februar in Deutschland in Untersuchungshaft.
Der 46-jährige Vater und ihr Bruder werden beschuldigt, die 16-Jährige am 31. Januar am helllichten Tag in der Erfurter Altstadt in einen Transporter gezerrt zu haben. Ein Augenzeugenvideo des Vorfalls, welches im Internet landete, sorgte für viel Aufmerksamkeit. Zu sehen war, wie mehrere Menschen an dem weißen Transporter hin- und herliefen. Anschließend raste das Fahrzeug mit halb geöffneter Tür davon.
Wie Staatsanwaltschaft und Polizei damals mitteilten, hatten die beiden Männer versucht, das Mädchen nach Syrien zu bringen. Dort sollte sie gegen ihren Willen zwangsverheiratet werden.
Vater und Tochter am Flughafen in Prag erkannt

Der 19-jährige Bruder war wenige Tage nach der Entführung in Erfurt festgenommen worden. Vater und Tochter konnten in Tschechien gesichtet werden. Wie die Polizei erklärte, wurde der 46-Jährige mit dem Mädchen auf dem Flughafen in Prag erkannt und daraufhin festgenommen. Die tschechischen Behörden lieferten den Mann in der Folge an Deutschland aus.
Gegen ihn und den Bruder lagen nach Bekanntwerden des Augenzeugenvideos Haftbefehle vor. Der Clip, der unter anderem auf X veröffentlicht wurde, spielte eine nicht unerhebliche Rolle bei dem schnellen Fahndungserfolg. Den weißen Transporter fanden die Beamten in Gera.
Die Tochter wurde nach ihrer Entdeckung auf dem Prager Flughafen zurück nach Deutschland gebracht. Um sie nicht in Gefahr zu bringen, wird der Aufenthaltsort der Jugendlichen von den Behörden seither geheim gehalten.
Das Mädchen hatte vor ihrer Entführung in einer Schutzeinrichtung gelebt und wurde vom Jugendamt betreut. Ihre Familie soll für die Entführung ein Treffen mit einer Freundin fingiert haben, um sie in die Erfurter Altstadt zu locken.
Titelfoto: Screenshot/X/@daniel_gugger