"Schreckliche Gesellschaft": Emotionaler Post von U-Bahn-Fahrer geht viral

Hamburg - Die Zugfahrer der Hamburger Hochbahn haben tagtäglich Tausende Menschen im Blick. Beinahe rund um die Uhr befördern sie Schüler, Pendler oder Touristen und sorgen dafür, dass die Stadt in Bewegung bleibt.

Benjamin Daduschin ist Zugfahrer bei der Hamburger Hochbahn. (Fotomontage)
Benjamin Daduschin ist Zugfahrer bei der Hamburger Hochbahn. (Fotomontage)  © privat

Doch dort, wo viele Menschen aufeinander treffen, bleiben auch unschöne Szenen nicht aus.

Das weiß auch Benjamin Daduschin (32), Zugführer bei der Hamburger Hochbahn. In seinem Facebook-Blog "Erlebnisse eines U-Bahnfahrers in Hamburg" berichtet er regelmäßig von Vorfällen, die nachdenklich machen.

Ein besonders emotionaler Bericht des 32-Jährigen hat in dieser Woche viele Menschen erreicht und geht nun viral. Bei Facebook veröffentlichte der Hamurger eine Erfahrung, die ihm aufgezeigt habe, "in was für einer schrecklichen Gesellschaft wir leben."

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Der Vorfall habe sich an der Haltestelle Wandsbek-Gartenstadt im Nordosten der Hansestadt ereignet. Daduschin hatte aus seiner Fahrerkabine heraus beobachtet, wie eine blinde Person aus der Bahn gestiegen sei. Ein paar Meter vor der Treppe blieb der Mann jedoch stehen und bat vergeblich um Hilfe, da er das Geländer nicht finden konnte. "Einige Menschen guckten ihn an, gingen weiter, andere guckten gar nicht erst", beschreibt der Fahrer die Situation.

Und weiter: "Ich hatte mich gerade dazu entschlossen, die Leitstelle zu informieren, dass ich kurz den Zug verlasse." In dem Moment hätten dann aber doch noch zwei junge Frauen ihre Hilfe angeboten.

"Es ging nur um drei Meter, die er Hilfe brauchte, um das Treppengeländer zu erreichen... DREI Meter", betont Daduschin noch einmal.

Fahrgäste steigen im Hamburger U-Bahnhof "Wandsbek Markt" in die Linie U1.
Fahrgäste steigen im Hamburger U-Bahnhof "Wandsbek Markt" in die Linie U1.  © DPA

Der Hamburger Fahrer hat ein besonderes Anliegen: Er möchte möglichst viele Menschen zum Nachdenken und Helfen animieren. "Leute, jeder von uns kann von jetzt auf gleich auf Hilfe angewiesen sein", so der emotionale Aufruf bei Facebook.

Und auch im Gespräch mit TAG24 betont der 32-Jährige noch einmal: "Manchmal geht es nur um Kleinigkeiten, mit denen man so viel bewirken kann." Dafür wolle er seine Mitmenschen sensibilisieren. "In diesem Fall hätte es nur 1 Minute gekostet, um ein paar Karma Punkte zu sammeln."

Bei Facebook kommt der Post gut an, der Zugführer konnte schon jetzt Tausende Menschen mit seiner Geschichte erreichen und ist von der Resonanz selbst überrascht.

Die meisten seiner Leser teilen sein Anliegen, berichten von ganz ähnlichen Erfahrungen, die sie bereits machen mussten. "Manche sind so mit ihren Smartphones beschäftigt, dass sie gar nichts um sich herum wahrnehmen", heißt es in einem Kommentar.

Andere können dagegen auch von vielen positiven Erfahrungen berichten: "Ich bin selbst sehbehindert, manchmal orientierungsmäßig auf Hilfe angewiesen und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es auch viele hilfsbereite Menschen in Hamburg gibt", schreibt etwa eine Leserin.

Gerade dieser Austausch ist es wohl, der Benjamin Daduschin antreibt, seine Geschichten auch weiterhin öffentlich zu teilen. "Wir sollten alle mehr auf unser Umfeld achten", so die dringende Bitte.

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