Von Isabell Scheuplein
Wetzlar - Tafeln verteilen gespendete Lebensmittel. Die Nachfrage ist gestiegen, stellenweise gibt es Aufnahmestopps - auch, weil die Spenden rückläufig sind.
Rund jede zweite Tafel in Hessen kämpft derzeit mit Problemen, wie der Vorsitzende des Landesverbands, Willi Schmid, sagt. 30 Prozent hätten Wartelisten mit mehreren Wochen Länge, weitere 25 Prozent hätten einen kompletten Aufnahmestopp verhängt.
Neben Lebensmittel-Spenden fehle es an ehrenamtlichen Mitarbeitern, auch die Betriebskosten seien gestiegen.
Bettina Türk arbeitet ehrenamtlich für die Tafel in Wetzlar. Sie sortiert am Morgen im Zentrallager der hessischen Tafeln in der mittelhessischen Stadt übrig gebliebenes Gemüse aus Supermärkten: Sie öffnet Packungen mit Tomaten, Champignons, Bohnen und Paprika und schichtet die Lebensmittel in Plastikkörbe, die dann zu den Ausgabestellen gebracht werden. Der verdorbene Rest kommt in eine große Mülltonne.
Abgegeben werden die Lebensmittel an Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. 115.000 Menschen versorgen die Tafeln in Hessen, sagt der Landesvorsitzende Schmid. 58 Tafeln gibt es landesweit.
Tafeln wollen bundesweit neue Spender gewinnen
Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine und den folgenden Preissteigerungen sei der Andrang an den Ausgabestellen gewachsen. Der Staat lasse hier eine große Lücke offen: "Der Staat hat dafür zu sorgen, dass die Menschen ein Auskommen haben", sagt Schmid. Letztlich könnten die Tafeln mit ihren Mitteln nur unterstützen.
Gleichzeitig erreichen weniger Lebensmittel die Tafeln auf dem herkömmlichen Weg. "Wir bekommen weniger, denn die Supermärkte kalkulieren knapper. Manchmal haben wir nicht genug", sagt die Ehrenamtliche Türk.
Bundesweit arbeiten die Tafeln daher daran, neue Spender zu gewinnen. Wie etwa Produzenten von Lebensmitteln. Beispielsweise wegen Fehldrucken auf Packungen oder Überkapazitäten könnten hier ganze Lastwagenladungen gespendet werden - Ware, die nicht verkauft werden könne und sonst im Müll lande, sagt Schmid.
Für die neue Strategie wurde die "Allianz für Lebensmittelrettung" ins Leben gerufen, an der auch Speditionsunternehmen mitwirken. Der Tafel-Landesverband Hessen ist seit März dabei. Die bisherigen Ergebnisse stimmten optimistisch, sagt Schmid. Es gebe bereits einen deutlichen Anstieg an Großspenden von Herstellern.
Rund 6000 Ehrenamtliche engagieren sich im Bundesland für die Tafeln - stellenweise fehlt es aber an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sagt Schmid. Teilweise hätten Tafeln in Hessen von einer einwöchigen auf eine zweiwöchige Ausgabe umstellen müssen.