Prozess um Fehde im Rocker-Milieu auf offener Straße: Angeklagte schweigen
Von Sabine Dobel
München - Ein Wagen rollt gezielt auf zwei Männer zu, einer von ihnen bekommt eine Stichwaffe in den Rücken, eine Pistole soll auch im Spiel sein.
Alles in Kürze
- Drei Männer aus dem Hells-Angels-Umfeld stehen vor Gericht.
- Angriff mit Van und Stichwaffe auf offener Straße in München.
- Streit zwischen verfeindeten Gruppen im Rockermilieu eskaliert.
- Angeklagte schweigen zu den Vorwürfen im Prozess.
- Hintergrund des Angriffs soll ein vorheriger Vorfall und ein laufender Prozess gewesen sein.

Auf offener Straße eskaliert in München am helllichten Nachmittag eine Fehde unter verfeindeten Gruppen teils aus dem Rockermilieu.
Nun stehen drei Männer im Alter von 33, 35 und 39 Jahren vor dem Landgericht München I.
Die Angeklagten aus dem Umfeld der Hells Angels sollen am 10. Juni 2020 gegen 16 Uhr drei teils einer verfeindeten Gruppe angehörende Männer abgepasst, überfallen und schwer verletzt haben.
Zum Auftakt des Prozesses schwiegen alle drei Angeklagten zu den Vorwürfen. Im voll besetzten Gerichtssaal verfolgten Freunde und Angehörige das Verfahren.
Laut Staatsanwaltschaft gab es zwischen den Gruppen langjährige Streitereien, insbesondere mit dem Mann, auf den die mutmaßlichen Angreifer hauptsächlich losgegangen sein sollen.
Angriff mit Van und Stichwaffe auf Hauptziel

Hintergrund der Auseinandersetzung an jenem Nachmittag soll laut Staatsanwaltschaft ein Vorfall wenige Stunden zuvor gewesen sein.
Dabei soll der später Überfallene die Verlobte des 39-jährigen Hauptangeklagten beleidigt und bedroht haben.
Deshalb hätten die Angeklagten beschlossen, ihm einen Denkzettel zu verpassen – und auch möglichen Begleitern, falls er nicht allein unterwegs sein sollte.
Der vor allem ins Visier genommene Mann und ein anderer konnten erst einmal flüchten. Die Angreifer schlugen deshalb zuerst einen Dritten zusammen, der mit der Fehde der Gruppen bisher nichts zu tun hatte.
Der Hauptangeklagte soll dann mit einem Van zielgerichtet die beiden anderen angefahren haben. Dem Mann, gegen den sich die Attacke offenbar vordringlich richtete, wurde ein Messer oder eine andere Stichwaffe in den Rücken gerammt.
Zeuge kommt nicht – trotz 5000 Euro in Aussicht
Mutmaßlich könnte ein damals laufender Prozess am Landgericht München I Hintergrund des Angriffs gewesen sein. In dem Verfahren gegen einen Mann aus dem Umfeld der Hells Angels ging es um versuchten Mord – auch an dem nun am stärksten attackierten Mann; er war in dem Prozess Nebenkläger.
Ein Schnellimbiss-Mitarbeiter sollte eigentlich mittags als Zeuge ins Gericht kommen – und dann im Zuge des Täter-Opferausgleichs noch gut 5000 Euro bekommen. Doch er erschien nicht.
Nach einigen Telefonaten heißt es: Er habe die Ladung nicht bekommen. Der Vorsitzende Richter betont mit Blick auf das Geld: Das Kommen nun am nächsten Prozesstag werde sich für ihn lohnen.
Titelfoto: Matthias Balk/dpa