Brutale Folter und Hunger! Erschütternde Einblicke im Prozess gegen Ex-KZ-Wachmann (101)

Brandenburg an der Havel - Wie waren die Lebensbedingungen im Konzentrationslager Sachsenhausen? Im Prozess um die Massentötungen von Häftlingen und sowjetischen Kriegsgefangenen in dem KZ in Brandenburg hat die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte Sachsenhausen, Astrid Ley, Einblicke in die grausamen Zustände dort gegeben.

Der 101-jährige Angeklagte will nicht erkannt werden und hält sich einen Hefter vor das Gesicht. Am Mittwoch ist der Prozess gegen den mutmaßlichen Ex-KZ-Wachmann fortgesetzt worden.
Der 101-jährige Angeklagte will nicht erkannt werden und hält sich einen Hefter vor das Gesicht. Am Mittwoch ist der Prozess gegen den mutmaßlichen Ex-KZ-Wachmann fortgesetzt worden.  © Fabian Sommer/dpa

"Es war eng, kalt und unhygienisch", sagte die Historikerin am Mittwoch vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Neuruppin in Brandenburg an der Havel. Der Prozess findet aus organisatorischen Gründen in einer dortigen Sporthalle statt.

Angeklagt ist ein 101-Jähriger aus Brandenburg/Havel, der als damaliger SS-Wachmann in dem KZ von 1942 bis 1945 Beihilfe zum Mord an mindestens 3518 Häftlingen geleistet haben soll.

Im Winter 1941/42 sei die Zahl der Häftlinge massiv angestiegen, sagte Ley. Das NS-Regime habe versucht, den Arbeitsbedarf, den die deutsche Kriegswirtschaft ab 1942 gehabt habe, zu stillen. Die Baracken seien zeitweise erheblich überbelegt gewesen.

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In ihrer Anklage gegen den 101-Jährigen stützt sich die Staatsanwaltschaft auf Dokumente zu einem SS-Wachmann mit dem Namen, dem Geburtsdatum und dem Geburtsort des Angeklagten.

Am Donnerstag soll ein Überlebender des KZ Sachsenhausen vor Gericht aussagen

Am Mittwoch hat eine Expertin die lebensfeindlichen Zustände im KZ Sachsenhausen vor Gericht geschildert. Am Donnerstag soll ein Überlebender des Konzentrationslagers angehört werden.
Am Mittwoch hat eine Expertin die lebensfeindlichen Zustände im KZ Sachsenhausen vor Gericht geschildert. Am Donnerstag soll ein Überlebender des Konzentrationslagers angehört werden.  © Kristin Bethge/dpa-Zentralbild/dpa

Dieser bestreitet bislang, in dem Lager als Wachmann gearbeitet zu haben. Stattdessen will er in der Zeit von 1941 bis 1945 als Landarbeiter in der Gegend um Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) tätig gewesen sein.

Große Einlieferungswellen von Häftlingen in dem Lager hätten den deutschen Kriegsverlauf widergespiegelt, sagte Ley, die auch von brutalen Foltermethoden sprach. Man habe versucht, mit "massiver Gewalt die Identität der Häftlinge zu brechen".

Es habe immer weniger Essen gegeben und eine schlechtere Ausstattung, zum Beispiel bei der Bekleidung. Häftlinge hätten die Bedingungen in dem Lager mit diesen Worten geschildert: "Hunger, das war unser ständiger Begleiter."

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Für den Prozess hat das Gericht Verhandlungstage bis Ende März angesetzt. Am Donnerstag will das Gericht einen Überlebenden des KZ Sachsenhausen hören.

Titelfoto: Kristin Bethge/dpa-Zentralbild/dpa, Fabian Sommer/dpa (Bildmontage)

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