Geständnisse angekündigt: Kommt es zum Deal im Grüne-Gewölbe-Prozess?

Dresden - Mit Spannung wurde am Dienstag die Aussage eines Kriminalhauptkommissars beim Prozess zum Millionen-Coup im Dresdner Grünen Gewölbe erwartet. Immerhin tauchten kurz vor Weihnachten mehrere der gestohlenen Schätze wieder auf.

Drei Wochen nach Sicherstellung von Beutestücken aus dem Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe Dresden wurde der Prozess am Landgericht am Dienstag fortgesetzt.
Drei Wochen nach Sicherstellung von Beutestücken aus dem Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe Dresden wurde der Prozess am Landgericht am Dienstag fortgesetzt.  © Jens Schlueter/POOL AFP/dpa

Der Kommissar der Soko Epaulette, die seit dem Raub am 25. November 2019 in dem Fall ermittelt, sagte vor Gericht aus, dass es vorab Gespräche zwischen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung gegeben habe.

So bot man an, Teile des Schmuckes herauszurücken.

Am Abend des 16. Dezember fuhren die Ermittler schließlich nach Berlin. Auf dem Konferenztisch einer Anwaltskanzlei präsentierte man den Ermittlern kurz vor Mitternacht schließlich 31 Teile der Beute.

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Die Kommissare waren überrascht, dass es letztlich mehr Teile waren als erbeutet, denn einiges an Beute war nicht mehr im Ganzen.

So zum Beispiel der Degen, der in insgesamt neun Teile zerteilt wurde. Die Klinge fehlte komplett.

Diese wurde schließlich bei der großen Tauchaktion am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag im Landwehrkanal am Kiehlufer in Höhe der Treptower Straße in Berlin gesucht - jedoch ohne Erfolg. Am 25. Dezember seien der Aussage zufolge 20 Taucher im Einsatz gewesen, am Folgetag 22 Taucher.

Stattdessen wurden vier Geldkassetten und Tresore aus anderen Verbrechen aufgefunden.

Stücke wie der Hutschmuck (Reiherstutz) und der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Brillantgarnitur seien allerdings vollständig erhalten.

Schmuckstücke, die immer noch fehlen, sind: Teile des Brillantcolliers der Königin Amalie Auguste, die Große Brustschleife, eine Epaulette, vier Rockknöpfe und eine Diamantrose.

Degen in 9 Teile zerteilt

Der gestohlene Degen wurde zerstückelt zurückgegeben.
Der gestohlene Degen wurde zerstückelt zurückgegeben.  © Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Karpinski

Geständnisse angekündigt - Deal in Grüne-Gewölbe-Prozess möglich

Die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste fehlt noch immer.
Die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste fehlt noch immer.  © Jürgen Karpinski/Grünes Gewölbe/Polizeidirektion Dresden/dpa

Nach der Rückgabe von Beutestücken zeichnet sich am Landgericht eine Wende ab. Vier der sechs Angeklagten haben im Zuge von Sondierungsgesprächen Anfang Dezember 2022 Geständnisse avisiert, wie der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel am Dienstag sagte.

Die Initiative ging demnach vom ältesten Beschuldigten aus. Der 29-Jährige habe darauf hingewirkt, dass die noch vorhandenen Beutestücke zurückgegeben werden, berichtete Ziegel zu Beginn des Verhandlungstages über die Treffen mit Staatsanwälten und/oder der Kammer.

Der in Aussicht stehende Strafrabatt wurde daraufhin nach oben korrigiert. Möglich sind nun bei einer Verständigung laut Ziegel eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen fünfeinhalb Jahren und sechseinhalb Jahren für die zur Tatzeit Erwachsenen sowie zwischen vier und viereinhalb Jahren für die damals Heranwachsenden, wenn Jugendstrafrecht zur Anwendung komme, sowie eine Haftverschonung nach Urteilsverkündung.

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Voraussetzung dafür sei jedoch, dass sich die Angeklagten zu Planung, Vorbereitung und ihrer Beteiligung an dem Verbrechen erklären, das auch international Schlagzeilen machte.

Restaurierung der Schmuckstücke sinnvoll?

Insgesamt sind sechs Männer des arabischstämmigen Remmo-Clans angeklagt.
Insgesamt sind sechs Männer des arabischstämmigen Remmo-Clans angeklagt.  © Jens Schlueter/POOL AFP/dpa

Auch die Restauratorin Eve Begov von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) berichtete am Dienstag bei ihrer Zeugenvernehmung am Landgericht Dresden ebenfalls von abgebrochenen Stücken, Deformationen und Schäden durch Feuchtigkeit.

Beim "Bruststern des Polnischen Weißen Adler-Ordens" sei beispielsweise eine Spitze abgetrennt worden.

Bei der "Hutagraffe" diagnostizierte die Restauratorin unter anderem Rostablagerungen und Feuchteinträge zwischen Fassung und Steinen. Sie könnten entweder von der Lagerung oder einem Reinigungsversuch stammen. Kondensbildung habe dazu geführt dazu, dass die Steine schwarz aussehen. Unklar sei noch, wie sich die Feuchtigkeit langfristig auswirke.

Die Expertin wurde vom Gericht auch nach einer möglichen Restaurierung der beschädigten Stücke gefragt. Dazu wollte sie sich nicht detailliert äußern. Es gehe um die Frage, wie weit man eine Restaurierung treiben wolle. Das müsse im Team entschieden werden.

Deformierungen werde man so rückgängig machen, dass die Stücke wieder präsentiert werden können. Erst im Laufe der Restaurierung ließe sich eine genaue Einschätzung des Schadens machen. Begov bezifferte den Aufwand zur Restaurierung der Stücke mit 126.800 Euro

Die Restauratorin äußerte sich auch zu den Stücken, die bislang noch fehlen. Dazu gehört die Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen", einem Brillanten von fast 50 Karat. Der Brillant werde zu den weltweit wichtigsten Diamanten gerechnet, sagte Begov.

Seit gut einem Jahr läuft der Prozess gegen sechs Männer des arabischstämmigen kriminellen Remmo-Clans. Ihnen werden unter anderem schwerer Bandendiebstahl, Brandstiftung und besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen.

Erstmeldung 11.32 Uhr, zuletzt aktualisiert 15.50 Uhr.

Titelfoto: Jens Schlueter/POOL AFP/dpa

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