Juwelenraub im Grünen Gewölbe: Welche Remmos in den Knast müssen

Dresden - Dienstag ist Zahltag! Im Prozess um die gestohlenen Juwelen aus dem Grünen Gewölbe fielen am Vormittag am Hochsicherheitsgericht in Dresden die Urteile!

Insgesamt fünf Mal hieß das Urteil Haft. Einmal Freispruch.
Insgesamt fünf Mal hieß das Urteil Haft. Einmal Freispruch.  © Sebastian Kahnert/dpa

Für Mohamed Remmo (24), der vorm Schloss Schmiere gestanden haben will, forderte der Staatsanwalt vier Jahre und sechs Monate Knast.

Er bekam vier Jahre und vier Monate.

Rabieh Remmo (29), der nach eigenen Angaben als erster auf die Vitrine eindrosch, sollte sechs Jahre und acht Monate hinter Gitter.

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Der Richter verurteilte den 29-Jährigen zu sechs Jahren und zwei Monaten.

Bashir Remmo (27), der die Beute vorm Fenster entgegengenommen haben will, soll demnach für fünf Jahre und zehn Monate hinter Gitter. Das Gericht sah das genau so.

Alle drei konnten im Vorfeld aber auf Haftverschonung hoffen. Denn Teil des Deals war es auch, dass sie bis zur Rechtskraft des Urteils am heutigen Dienstag, auf freien Fuß kommen.

Tatsächlich setzte die Kammer für Rabieh, Mohammed und Bashir die Haftbefehle außer Vollzug. Bis zum Strafantritt sind sie auf freiem Fuß, müssen sich aber jeden Dienstag bei ihrem Polizeirevier melden.

Die Angeklagten im Prozess um den Juwelenraub im Grünen Gewölbe sitzen bei der Fortsetzung des Prozesses im Verhandlungssaal im Landgericht neben den Anwälten auf ihren Plätzen.
Die Angeklagten im Prozess um den Juwelenraub im Grünen Gewölbe sitzen bei der Fortsetzung des Prozesses im Verhandlungssaal im Landgericht neben den Anwälten auf ihren Plätzen.  © Sebastian Kahnert/dpa

Drei Remmo-Clan-Mitglieder können auf Haftverschonung hoffen

Wissam Remmo (26) bekam eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten!
Wissam Remmo (26) bekam eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten!  © Peter Schulze

Für Wissam Remmo (26) forderte der Staatsanwalt sechs Jahre und acht Monate. Wissam hatte gestanden, die Gitter am Fenster zerschnitten und in der Tatnacht im nahen Pegelhaus das Feuer gelegt zu haben, das die komplette Straßenbeleuchtung abschaltetet.

Das Gericht verurteilte den 26-Jährigen schließlich zu sechs Jahren und drei Monaten.

Er habe mitgemacht, weil er nach seinem Diebstahl der berühmten Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum im Clan als "Meisterdieb" gefeiert wurde, reichlich Kokain nahm und Geld für mehr Drogen brauchte.

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Auch für Wissam wurde der Haftbefehl vorläufig ausgesetzt. In Haft bleibt der dennoch. Er muss ja noch den Rest der Strafe für den Diebstahl der Geldmünze aus dem Bode-Museum absitzen.

Abdul Majed stimmt Deal nicht zu

Mohamed Remmo (24) wurde zu vier Jahren und vier Monaten hinter Gittern verurteilt.
Mohamed Remmo (24) wurde zu vier Jahren und vier Monaten hinter Gittern verurteilt.  © Peter Schulze

Diesem sogenannten Deal stimmte nur der Angeklagte Abdul Majed (24) nicht zu. Er erklärte, er habe "nur" die Tatwerkzeuge organisiert und sei nicht in Dresden gewesen. Das glaubte ihm der Staatsanwalt nicht und forderte sechs Jahre Haft. Seine Anwälte dagegen forderten maximal drei Jahre Haft wegen Beihilfe.

Doch die Richter sahen ihn ihm einen Haupttäter und verurteilten ihn auch so. Das Risiko einer Flucht sei bei ihm außerdem viel zu hoch.

Der Richter: "Sie konnten schon einmal sechs Monate lang trotzt internationaler Fahndung unter Nutzung familiärer Strukturen in Berlin untertauchen", begründete der Richter. Kurz: Der Clan bot ihm Unterschlupf.

Das Gericht verurteilte ihn letztlich zu fünf Jahren Haft.

Auch mit Urteilen ist das Kapitel "Juwelenklau" noch lange nicht beendet

Für Ahmed Remmo (25), den Mann unter der Kapuze, hieß das Urteil Freispruch.
Für Ahmed Remmo (25), den Mann unter der Kapuze, hieß das Urteil Freispruch.  © Sebastian Kahnert/dpa

Der Angeklagte Ahmed Remmo (25) durfte auf Freispruch hoffen. Selbst der Staatsanwalt geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass er in der Tatnacht beim Notarzt in Berlin war. Auf freien Fuß kommt Ahmed aber nicht. Er hatte mit Wissam einst die Goldmünze im Bode-Museum geklaut und dafür wie Wissam auch vier Jahre und sechs Monate Haft kassiert. Die muss er nun noch vollständig absitzen.

Und tatsächlich: Ahmed wurde schließlich freigesprochen und bekam zudem eine Entschädigung für eine bei ihm durchgeführte Razzia zugesprochen.

Für Wissam und Ahmed gibt es zudem keine Haftverschonung.

Mit den am heutigen Dienstag verkündeten Urteilen ist das Kapitel "Juwelenklau" für Justiz und Polizei natürlich noch nicht beendet. Noch immer fahndet die Soko Epaulett nach den Hintermännern und Planern des spektakulären Einbruchs, sowie weiteren Mittätern. Außerdem werden noch immer Teile der Beute vermisst und fieberhaft gesucht.

47 Verhandlungstage und 108 Zeugen später: "Immerhin" Juwelen im Wert von 60 Millionen Euro zurück!

Die am Dienstag verkündeten Urteile sind ein Meilenstein in weiteren Prozessverlauf.
Die am Dienstag verkündeten Urteile sind ein Meilenstein in weiteren Prozessverlauf.  © xcitepress

Nach 47 Verhandlungstagen geht nun zumindest aber der Prozess um den spektakulären Diebstahl zu Ende. Die Kammer hörte in der Zeit 108 Zeugen, vernahm elf Sachverständige.

"Der Prozess war auch für diese erfahrene Kammer außergewöhnlich", so der Vorsitzende Richter. "Vor allem, was die eigentliche Tat und die Vorgehensweise angeht, war dieser Fall bedeutend."

Der Richter verteidigte den Deal, den die Justiz mit den Angeklagten schloss. Zwar sei es ungewöhnlich, so spät in einem Verfahren so einen Deal zu vereinbaren. "Aber uns ist auch klar, dass ohne die Einigung, die Schätze nie wieder in die Vitrinen zurückgekehrt wären."

Zwar sei nicht die ganze Beute zurückgegangen, aber immerhin Diamanten und Schmuck im Wert von 60 Millionen Euro. "Das ist eine Schadenswiedergutmachung in einem Umfang, den es bisher noch nie gab. Das muss im Strafmaß unbedingt anerkannt werden."

Zum Schluss wandte sich der Richter noch einmal persönlich an die Angeklagten und redete ihnen ins Gewissen: „Sie sind doch jetzt alle in einem Alter, wo Sie trotz ihrer familiären Einbindung selber entscheiden können, ob sich so ein Leben im wechselvollen Straftaten und Haft lohnt."

Urteil wurde mit Spannung erwartet: Schlangenbildung vorm Gerichtsgebäude!

Die Urteilsverkündung wurde sowohl von der Presse als auch von Besuchern am Dienstagmorgen mit Spannung erwartet. Vorm Gerichtsgebäude bildeten sich Schlangen.
Die Urteilsverkündung wurde sowohl von der Presse als auch von Besuchern am Dienstagmorgen mit Spannung erwartet. Vorm Gerichtsgebäude bildeten sich Schlangen.  © xcitepress/Benedict Bartsch
Im November 2019 wurden aus dem Grünen Gewölbe in Dresden historische Diamanten im Wert von 118 Millionen Euro gestohlen.
Im November 2019 wurden aus dem Grünen Gewölbe in Dresden historische Diamanten im Wert von 118 Millionen Euro gestohlen.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Im November 2019 hatten die Täter aus dem Schloss historische Diamanten im Gesamtwert von 118 Millionen Euro geklaut.

Sie hatten zuvor die Gitterstäbe am Fenster zersägt und die Straßenbeleuchtung per Kabelbrand ausgeschaltet. Mit Äxten schlugen sie auf die Vitrine ein, griffen sich den historisch wertvollen Staatsschmuck und verschwanden mit der Beute.

Ein Fluchtauto setzten die Diebe in Pieschen in Brand und verursachten damit in einer Tiefgarage auch noch ein Flammeninferno.

Seit Januar 2022 wurde zäh am Hochsicherheitsgericht verhandelt. Dabei kamen eklatante Sicherheitslücken bei den Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) zum Vorschein.

So lag das Einstiegsfenster vom Grünen Gewölbe zum Beispiel nicht im "Sichtbereich" der Überwachungskameras und die Kameras im Innenraum boten nur unfassbar schlechte Bilder. Inzwischen wurden die Sicherheitsmaßnahmen am Schloss massiv erhört.

Im Dezember 2022 dann die Wende: Der Clan rückte einen Teil der Beute (wenn auch demoliert) raus und fünf der Angeklagten legten Geständnisse ab, um Strafrabatt zu bekommen. Entsprechend "milde" Forderungen stellte der Staatsanwalt dann auch in seinem Plädoyer vor einigen Wochen.

Weiterer Prozess rund um "Trittbrettfahrer" in Dresden!

Der Holländer Marcus N. (54) muss sich seit diesem Dienstag vor Gericht verantworten.
Der Holländer Marcus N. (54) muss sich seit diesem Dienstag vor Gericht verantworten.  © Ove Landgraf

Außerdem beginnt am Dienstag am Landgericht Dresden ein Prozess gegen einen "Trittbrettfahrer".

Der Holländer Marcus N. (54) gab sich laut Anklage gegenüber der SKD als Diamantenhändler aus. Er gaukelte vor, er habe den erbeuteten polnischen Weißen Adler-Orden - ein historisch unfassbar wertvoller Bruststern aus der Schmuckkammer August des Starken - angeboten bekommen.

Natürlich wollten die Sachsen den Orden zurück und gingen auf den Deal ein. Marcus kassierte 40.000 Euro - der Weiße Adler tauchte nie auf.

Nun wird wegen Betruges gegen Marcus N. verhandelt.

Erstmeldung vom 16. Mai, 5.20 Uhr. Zuletzt aktualisiert um 15.31 Uhr.

Titelfoto: Bildmontage: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa, Peter Schulze (2)

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