Prozess gegen Nazi-Verlag: Sie verkauften Bücher über Judenhass

Dresden - Im Hochsicherheitsgericht in Dresden muss sich der Leipziger Ex-NPD-Stadtrat Enrico B. (41), dessen Ex-Lebensgefährtin Annemarie K. (38) und Matthias B. (38, einst NPD-Kreisrat in Meißen) wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verantworten. Sie sollen über den Verlag "Der Schelm" rassistische und antisemitische Bücher vertrieben haben. Während Matthias B. gestand, glänzte Enrico B. mit bizarren Aussagen.

Matthias B. (38) redete ausführlich über die Zusammenhänge im Verlag "Der Schelm". Nach eigenen Angaben übergab er dem Generalsbundesanwalt seitenweise von ihm gesicherte Daten, um bei der Aufklärung zu helfen.
Matthias B. (38) redete ausführlich über die Zusammenhänge im Verlag "Der Schelm". Nach eigenen Angaben übergab er dem Generalsbundesanwalt seitenweise von ihm gesicherte Daten, um bei der Aufklärung zu helfen.  © Peter Schulze

"Ob ich Gummibärchen, Schallplatten oder diese Bücher verschicke, war mir egal", so der Angeklagte.

Er habe seinerzeit für seinen eigenen kleinen Versand ("nordisch germanische Mythologie") ein Lager gesucht. Adrian P. (60), Gründer des Verlages "Der Schelm", suchte angeblich auch danach. "Er fragte, ob ich zwei, drei Bücher für ihn mitverkaufen kann."

Dass Adrian P., der sich inzwischen in Russland aufhält, per internationalem Haftbefehl gesucht wird, einen neuen Vertriebsweg für Tausende Exemplare voller Holocaust-Leugnung, NS-Propaganda und finsterstem Antisemitismus suchte, habe Enrico nicht gewusst.

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"'Mein Kampf', war mir ja ein Begriff", erklärte er. "Die anderen Titel kannte ich nicht. Ich konnte auch nicht reinschauen. Die waren alle eingeschweißt."

Und weiter: "Dass es antisemitische Bücher waren, wusste ich. Aber mir war die Tragweite nicht bewusst", behauptete der Mann, der seine Mitstreiter aus dem Umfeld des rechtsextremen Verlages "Deutsche Stimme" kannte.

Annemarie K. (38) hörte sich geduldig die Aussagen ihrer Mitangeklagten an. Heute will sie Stellung nehmen.
Annemarie K. (38) hörte sich geduldig die Aussagen ihrer Mitangeklagten an. Heute will sie Stellung nehmen.  © Peter Schulze
Enrico B. (41) gab sich derartig scheinheilig, dass der Vorsitzende Richter ihn fragte: "Ist das Ihr Ernst?"
Enrico B. (41) gab sich derartig scheinheilig, dass der Vorsitzende Richter ihn fragte: "Ist das Ihr Ernst?"  © Peter Schulze

Matthias B., der die Bücher im Auftrag von Adrian P. für den Druck vorbereitete und die Verkaufssoftware installierte, gab zu, dass er mitmachte, um einen Job zu haben.

"Es ist schwierig, außerhalb der rechten Szene einen Job zu finden", sagte er. Heute nimmt er an einem Aussteigerprogramm teil und ärgert sich, "dass ich mit so einem Idioten (Adrian P., Anm. d. Red.) zusammengearbeitet habe." Am Freitag soll Annemarie K. aussagen.

Das Urteil soll Mitte April fallen.

Titelfoto: Bildmontage: Peter Schulze

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