Sicherheitschef vom Grünen Gewölbe ahnte nichts vom ungesicherten Fenster

Dresden - Im Prozess um die geklauten Juwelen aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden sagte im Hochsicherheitsgericht auch Michael John (60) aus. Er ist seit 1992 "Abteilungsleiter der technischen Dienste" bei den Staatlichen Kunstsammlungen (SKD). Darunter fällt auch die Sicherheit für Gebäude und Exponate. So gesehen, kenn John jeden Winkel der Museen. Vom ungesicherten Fenster am Schloss, durch das die Diebe kamen, wusste er aber nichts.

Michael John (60) sagte im Hochsicherheitsgericht am Dienstag aus.
Michael John (60) sagte im Hochsicherheitsgericht am Dienstag aus.  © Peter Schulze

"Hätte ich das gewusst, hätte ich mich darum gekümmert, dass es geändert wird", so John im Remmo-Prozess.

Sechs mutmaßliche Mitglieder des Remmo-Clans sollen laut Anklage im November 2019 Juwelen und Diamanten aus dem Schloss im Wert von über 113 Millionen Euro geklaut haben.

Die Ermittlungen ergaben, dass das Fenster, über dass die Täter kamen, im "toten Winkel" des Fassadenscanners lag, der überdies in der Nacht nicht mal scharfgeschalten war.

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"In der Planungskonferenz wurde klar gesagt, dass Flächen, die nicht abgesichert sind, durch andere Maßnahmen kompensiert werden müssen", erinnert sich John an die Konferenz von 2002.

Daran nahmen unter anderem Baubehörden und das Sächsische Immobilienmanagement (SIB) teil. Und - als späterer Nutzer des Schlosses - auch die SKD.

"Ich habe mich natürlich darauf verlassen, dass das umgesetzt wird", so John. Offenbar aber hat sich jeder auf jeden verlassen. Protokolle wurden geschrieben, "Maßnahmen" durchgeführt, Konferenzen abgehalten. Um das Fenster mit dem toten Winkel kümmerte sich offenbar niemand mehr.

Fenstergitter am Grünen Gewölbe überstand Zweiten Weltkrieg

Mit Hydraulikwerkzeugen waren Tage vor dem Diebstahl die Gitterstäbe der Fenster am Residenzschloss durchtrennt.
Mit Hydraulikwerkzeugen waren Tage vor dem Diebstahl die Gitterstäbe der Fenster am Residenzschloss durchtrennt.  © Holm Helis

Dafür erinnerte sich John, dass bei einer der Konferenzen besprochen wurde, wie sicher die Fenster sind.

"Das Gitter hatte den Zweiten Weltkrieg überstanden", so John.

"Man ging davon aus, dass es auch das Grüne Gewölbe schützen würde." Der Richter kam nicht umhin anzumerken: "Damals hatte man ja auch noch nicht die Hydraulikwerkzeuge, mit denen dann bei der Tat vorgegangen wurde."

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Die Einbrecher hatten Tage vor dem Diebstahl per Hydraulikwerkzeug die Gitterstäbe durchtrennt, notdürftig geklebt und stiegen so mühelos im "toten Winkel" ins Gebäude ein.

Die Mauer vorm Schloss war laut John übrigens nie für eine Videoüberwachung vorgesehen.

"Die war ja klar einsehbar", so der Technik-Chef. So klar wohl nicht: Immerhin stiegen die Täter dreimal darüber - unerkannt. Der Prozess wird fortgesetzt.

Titelfoto: Peter Schulze

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