Block-Prozess: "Das sitzt so tief, dass das kein Psychologe mehr reparieren kann"

Hamburg - Mit neuen Entwicklungen wird am Mittwoch der Prozess wegen Kindesentführung gegen die Unternehmerin Christina Block (52) fortgesetzt. Für den 23. Verhandlungstag ist die Aussage von Astrid Have (39) geplant. Die Ehefrau von Blocks Ex-Mann Stephan Hensel (51) spielte bereits mehrfach eine Rolle in der Hauptverhandlung und rückte immer wieder in den Fokus bisheriger Aussagen. TAG24 ist vor Ort und berichtet in einem Liveblog.

Christina Block (52) mit ihrem Anwalt Ingo Bott (42) am Mittwoch auf dem Weg in Gerichtssaal 237.
Christina Block (52) mit ihrem Anwalt Ingo Bott (42) am Mittwoch auf dem Weg in Gerichtssaal 237.  © Marcus Brandt/dpa

Update, 14.02 Uhr: "Das hier ist kein Mitmach-Theater!"

Eine konkrete Lösung scheint – zumindest für juristische Laien – nicht gefunden worden zu sein. Auch direkt die nächste Frage von Bott – "Wie lange wohnt ihr Sohn schon bei Ihnen?" – führt wieder zu einer Beanstandung durch von der Meden. "Das ist ein unzulässiges Eindringen in die Intimsphäre der Familie", so der Nebenklagevertreter.

Gelächter im Saal, woraufhin die Richterin lautstark das Publikum ermahnt: "Das hier ist kein Mitmach-Theater!"

Update, 13.50 Uhr: Erneut Diskussionen im Gerichtssaal

Jetzt ist Block-Anwalt Ingo Bott mit der Befragung dran: Direkt seine Frage – "Wie liefen die Umgangswochenenden mit den Kindern ab?" – beanstandet Nebenklagevertreter Philip von der Meden. Ebenso die Frage, wie Have die Kinder von Block und Hensel kennengelernt habe. Beide Fragen lässt die Richterin zu.

Auf die Frage von Bott, wann Have und Hensel zusammengekommen sind, entgegnet sie: "Das geht sie gar nichts an". Doch die Richterin lässt auch die Frage zu: "2014, das wissen sie doch schon!"

Erneut Diskussionen unter den Verteidigern mit der Richterin, welche Fragen zulässig sind und welche nicht. Die Zeugin wird kurz rausgeschickt, um diese Sache endgültig zu klären.

Update, 13.30 Uhr: Prozess geht weiter

Die Hauptverhandlung geht weiter. Die Richterin hat keine weiteren Fragen an Astrid Have. Auf Nachfrage von Familienanwalt Gerd Uecker gibt die Zeugin an, dass Klara und Theo bis heute "wöchentlich und nach Bedarf" in Therapie sind. Das seien Anweisungen der dänischen Kommune, nicht die von ihr und Stephan Hensel.

Zudem habe Theo "Angstanfälle", die seien eine Zeit lang besonders schlimm bei der Grenzüberschreitung von Dänemark nach Deutschland und in Hamburg aufgetreten. Er habe dann nichts gegessen, nicht geschlafen und viel gezittert. Auf Raten von Theos Psychologin übe die Familie seitdem Ausflüge nach Hamburg und nach Deutschland.

Update, 12.27 Uhr: "Das sitzt so tief, dass das kein Psychologe mehr reparieren kann"

Zudem leide die gesamte Familie bis heute unter Albträumen. "Erst vorgestern habe ich Klara gefragt, wie es ihr geht, weil ich hier heute über sie aussage. Sie meinte, erst vor ein paar Tagen habe sie wieder einen Albtraum gehabt, entführt zu werden. Das sitzt so tief, dass kein Psychologe das mehr reparieren kann", sagt Have.

Die Zeugenvernehmung wird für die Mittagspause unterbrochen und um 13.20 Uhr fortgesetzt.

Update, 12 Uhr: So leiden Theo und Klara bis heute

"Wie geht es den Kindern heute?", will die Richterin wissen. Have erzählt, dass beide große Probleme mit Männern mit Mützen oder auch nur Personen mit dunklen Haaren und dunklen Augen haben. "Klara wechselt dann die Straßenseite und Theo drängt einen weg", so die Zeugin.

Bei Theo – der heute seinen 12. Geburtstag feiert – gehe es sogar so weit, dass er bis heute nicht alleine das Haus verlassen könne. "Er reagiert ganz anders als andere Kinder", sagt Have. In der Schule mussten neue Lehrkräfte oder auch Praktikanten ausdrücklich vorgestellt werden. Mehrere Hobbys habe er abbrechen müssen, weil er beispielsweise den "härteren Ton" eines Trainers nicht ertragen konnte.

"Fußball hat im Sommer gut funktioniert, aber im Winter ging es nicht mehr – weil sich dann jemand im Dunkeln hätte verstecken können." Er müsse immer überall hingebracht werden und könne nur mit großer Überwindung gelegentlich alleine mit Freunden ohne erwachsene Begleitung von der Schule nach Hause gehen.

Klara hingegen habe Strategien entwickelt, um wieder alleine nach draußen oder abends mit ihren Freundinnen weggehen zu können: "Sie filmt sich immer, wenn sie unterwegs ist, oder ruft eine Freundin an – damit es, falls etwas passiert, wenigstens einen Beweis gibt. Und wenn niemand Zeit hat, telefoniert sie mit mir", so Have.

Aus einem der Häuser, in denen die Familie nach der Entführung lebte, mussten sie wegen der bodentiefen Fenster ausziehen. Die Kinder hätten Angst gehabt, beobachtet zu werden oder "dass Stephan erschossen wird".

Astrid Have (39) sagt heute vor dem Hamburger Landgericht als Zeugin aus.
Astrid Have (39) sagt heute vor dem Hamburger Landgericht als Zeugin aus.  © Georg Wendt/dpa

Update, 11.33 Uhr: Kinder machten Fluchtpläne

Nach Angaben von Astrid Have haben Theo und Klara ihrer Mutter gesagt, dass sie wieder nach Hause wollen. Die Unternehmerin habe daraufhin erwidert: "Euer Zuhause ist hier in Hamburg".

In Hamburg und auch schon auf dem Bauernhof sollen die beiden Fluchtpläne geschmiedet haben, nachdem ihre Schwester Greta – die bei Frau Block lebt – ihnen untersagt haben soll, via eines "Geräts" Hilfe zu holen. Diese beinhalteten Bahntickets und ein Fenster im Keller, wo die Kinder wussten, dass dieses nicht an die Alarmanlage angeschlossen war. Sie wollten zunächst zu einer Tante flüchten, die um die Ecke wohne und der man vertrauen könne, so Have.

Wenn sie über ihre Pläne gesprochen haben, sollen Theo und Klara auf Dänisch miteinander geredet haben.

Update, 11.22 Uhr: Christina Block soll Goldbarren gezeigt haben

In den paar Tagen nach der Entführung bei ihrer Mutter in Hamburg habe Christina Block ihren Kindern Goldbarren gezeigt – das soll zumindest Theo gegenüber Have gesagt haben. "Ich weiß nicht genau warum, Christina meinte dann wohl, sie packe den wieder weg, nicht das es heiße, sie wolle die Kinder damit locken", so die Zeugin.

Klara habe zudem erzählt, dass niemand - weder ihre Mutter, noch das Jugendamt oder die Polizisten – sie mal gefragt habe, wie es ihr geht. So habe sie nicht gewusst, ob sie "irgendjemanden in dem Haus vertrauen kann". Cristina Block habe immer nur "Äpfel geschnitten und drumherum geredet".

Zudem habe die Unternehmerin stets Fotos von ihren Kindern machen wolle.

Update, 11 Uhr: "Können sie schießen?"

Jetzt fragt die Richterin nach Verletzungen der Kinder. Have erinnert sich an Klebeband-Resten an Klaras Händen und an ihre Schilderungen über Nackenschmerzen, weil ihr einer der Entführer "immer den Kopf heruntergedrückt hat". Einer der Männer sei auch "brutaler" als die anderen gewesen.

Wieder zurück in Dänemark seien vor allem die psychischen Auswirkungen deutlich geworden. "Die Kinder waren verändert", so die Zeugin. In den ersten Tagen habe vor allem Klara sich immer absichern wollen, dass die Polizisten – die damals vor der Haustür der Familie stationiert waren – sie auch wirklich schützen können. "Wenn mehr Täter kommen als Polizisten da sind, können sie schießen?", soll Klara laut Have gefragt haben.

Keiner der Kinder wollte laut der Zeugin über Monate hinweg mehr vor die Tür gehen, Theo habe über ein Jahr lang immer bei ihr und Hensel geschlafen, Klara stets im Zimmer ihrer großen Schwester. Zudem hätten alle abgenommen. Nicht nur Klara und Theo, sondern auch alle anderen Kinder (Have hat einen weiteren Sohn und ein gemeinsames Kind mit Hensel), sollen sehr unter der Situation gelitten haben.

Die Familie sei kurz nach der Ankunft in Dänemark umgezogen, später folgten zwei weitere Umzüge aus Sicherheitsgründen. Erst im April/Mai sei langsam wieder der Alltag bei der Familie eingezogen. Allerdings unter Decknamen, unter denen die Kinder dann in dem neuen Ort auch eingeschult worden sind.

Update, 10.43 Uhr: Zeugin berichtet von den Schilderungen der Kinder

Die Zeugin erinnert sich noch an die Situation auf der Polizeiwache in Hamburg, als ihr, ihrem Mann und der ältesten Tochter von Hensel und Block, am 5. Januar 2024, Theo und Klara wieder übergeben wurden. Die beiden hätten geweint und seien ihnen "quasi in die Arme gesprungen".

Vor allem Klara habe sofort viel von der Entführung erzählt: von dem Marsch durch den Wald, der Fahrt in "einem Autocamper", dem Bauernhof und einer Frau mit einer Katze. Wieder in Dänemark hätten sie und Klara per Google Earth, einer Skizze und mithilfe der Information, dass der Hof auch Alpakas halte, diesen im Internet ausfindig gemacht.

Update, 10.29 Uhr: Die Zeugenvernehmung beginnt

Nach der doch deutlich längeren Pause verkündet die Richterin, dass Botts Antrag auf Aussetzung der Verhandlung zurückgestellt wird. Es beginnt die Zeugenvernehmung von Astrid Have.

Für alle Ereignisse vor dem 5. Januar 2024 macht die 39-Jährige von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und somit keine Angaben zur Silvesternacht 23/24.

Titelfoto: Marcus Brandt/dpa

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