Studentin gewürgt und niedergestochen: Haftstrafe, aber nicht wegen der Messerattacke
Von Marc Wickel
Darmstadt - Eine junge Frau wurde niedergestochen, doch der Täter wurde nicht wegen der Messerattacke verurteilt. Das Landgericht Darmstadt nannte am Donnerstag einen anderen Grund, den 27-Jährigen zu zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe zu verdonnern.

Am 22. November 2024 hatte der Verurteilte in der Darmstädter Weststadt im Rausch eine Studentin gewürgt und auf sie eingestochen. Gerettet wurde die 23-Jährige von alarmierten Streifenpolizisten, die die Wohnung aufbrachen und stürmten.
In einem Verfolgungswahn, ausgelöst durch einen Joint, hatte sich der Mann in die Wohnung der hilfsbereiten Frau geflüchtet und sie gebeten, die Polizei zu rufen.
Allerdings habe er die Studentin dann in seinen Wahn eingebaut und lebensgefährlich verletzt, erklärte der Vorsitzende Richter, Volker Wagner, in der Urteilsbegründung.
Der 27-Jährige wurde vom Gericht verurteilt, weil er sich fahrlässig in einen Cannabis-Vollrausch versetzt und deswegen eine Studentin verletzt habe.
Unfähigkeit zu Steuerung und Einsicht wegen Wahn

"Das Sich-Berauschen beim 'Vollrausch' ist die Tat", betonte der Vorsitzende Richter. Der Paragraf 323a im Strafgesetzbuch hat die Überschrift "Vollrausch". Die Körperverletzungen seien nicht verurteilt worden, so der Richter.
Bei den Körperverletzungen sei der Verurteilte wegen seines Wahns weitgehend unfähig zur Steuerung und zur Einsicht gewesen, sodass bei ihm keine Schuld vorlag, für die er hätte verurteilt werden können.
Bestraft wurde der Angeklagte, weil er Cannabis konsumierte, obwohl er wusste, wie es auf ihn wirken kann, erklärte der Richter. Der Ingenieur, der in Darmstadt in der IT gearbeitet hatte, hatte der psychiatrischen Gutachterin geschildert, dass er vor vier Jahren erstmals Cannabis konsumiert und sich dabei desorientiert, beobachtet und verfolgt gefühlt habe.
Mit dem Urteil folgte die Kammer weitgehend der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre Haft wegen Vollrauschs gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch wegen fehlender Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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